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Meinung: Nicht so nett wie unter Kohl

Was wäre, wenn (5) – Schwarz-Gelb die Wahl gewinnt

Von Bernd Ulrich

Politiker von SPD und Grünen behaupten in ihren Wahlkampfreden immer: Wenn am Sonntag Schwarz-Gelb gewinnt, dann wird alles wieder so wie unter Kohl. Das soll bedrohlich klingen. Tatsächlich dürfen wir, was da befürchtet wird, nicht mal erhoffen: Die idyllischen Zeiten der letzten christlich-liberalen Koalition werden nicht wiederkehren, als so wenig reformiert wurde wie möglich, die Wirtschaft trotzdem leidlich lief, der Dicke sich um die Politik kümmerte und immer, wenn es ungemütlich zu werden drohte, neue Schulden machte.

Die nächsten vier Jahre werden – nach allen Daten, die uns jetzt schon zur Verfügung stehen – hart und sehr politisch. Wenn Stoiber und Westerwelle die Wahl gewinnen, dann wird das allenfalls ökologisch ein Rollback. Ansonsten ist Akrobatik gefordert: Der Versuch, das krasse Gegenteil von dem zu tun, was man versprochen hat.

Das Signal, das Edmund Stoiber in diesem Wahlkampf aussendet, heißt ungefähr so: Wir wollen nicht alles anders machen, aber vieles besser und bestimmt nichts, was als sozial unverträglich interpretiert werden könnte. Damit holt er sich die Lizenz dazu, gar nichts zu verändern. Die ökonomischen und fiskalischen Fakten, der höchstwahrscheinliche Krieg gegen den Irak und, damit verbunden, die weltwirtschaftliche Lage dürften sich jedoch so entwickeln, dass eine brutale Sparpolitik und die rasche Reform der Sozialsysteme unausweichlich werden.

Wie sollte Stoiber die Wende zur Klarheit gelingen? Der nahe liegende Gedanke ist wohl falsch: Die Koalition mit der neoliberalen FDP zwingt einen Kanzler Stoiber zwar machtpolitisch zu mehr Deregulierung. Das jedoch löst sein Akzeptanzproblem nicht, weil die FDP selber eines ist. Viele werden selbst vernünftige Zumutungen zurückweisen, wenn sie von der ungeliebten, als unsozial verdächtigten FDP verlangt werden. Viel hinge davon ab, ob die Liberalen für sich einen neuen Ton finden.

Helfen dürfte Stoiber, dass die objektiven Daten eine klirrend klare Sprache sprechen. Und der neue Kanzler könnte zumindest so tun, als sei er davon überrascht worden. Doch wird sich dann rächen, dass die Union nicht nur nach außen, sondern auch intern keine ehrliche Diskussion darüber geführt hat, was nötig und zumutbar ist. Die hektische und harte Politik der nächsten Jahre könnte also die Union und ihren überschaubarere politische Prozesse gewohnten Kanzler überfordern.

Beim kleinen Koalitionspartner bestünde zumindest die Chance der Gesundung vom populistischen und popigen Stil der letzten Zeit. Die FDP hätte die Chance, wieder langweilig zu werden. Sicher ist das natürlich nicht, weil die Verführungen zum Rechtspopulismus gerade in Krisenzeiten groß sind.

Gewiss wäre bei einem schwarz-gelben Wahlsieg hingegen die tiefe Krise der Sozialdemokratie. Nach vier Jahren wieder abgewählt, daraus lässt sich für die Genossen eigentlich nur ein Schluss ziehen: Wir können es halt nicht. Politisch jedenfalls ließe sich schwerlich begründen, warum man verliert. Nicht einmal der sozialdemokratische Urschrei „Wir waren nicht links genug!“ könnte überzeugen, weil der Kanzler im Wahlkampf unablässig links geblinkt hat. Der SPD droht also eine tiefe politische Verwirrung und noch dazu eine Führungskrise. Denn wer soll die Partei führen? Schröder, die Kanzler-Episode? Müntefering, der mit den meisten Fehlern im Wahlkampf?

Und die Grünen? Die gäb’s auch noch.

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