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Meinung: Nichts gegen Erben

Von Stephan-Andreas Casdorff Heide Simonis, die sozialdemokratische Regierungschefin von Schleswig-Holstein, ist bekannt für klare Worte. Manche ihrer männlichen Kollegen, darunter Gerhard Schröder, würden sagen: berüchtigt.

Von Stephan-Andreas Casdorff

Heide Simonis, die sozialdemokratische Regierungschefin von Schleswig-Holstein, ist bekannt für klare Worte. Manche ihrer männlichen Kollegen, darunter Gerhard Schröder, würden sagen: berüchtigt. Sie hat ihrem Ruf vor kurzem wieder ziemlich Ehre gemacht. Da sagte Simonis unverblümt, dass auch wieder über die Erbschaftsteuer nachgedacht werden müsse. Gesagt, getan?

Der Vorstoß hängt natürlich mit der Haushaltslage ihres Landes Schleswig-Holstein zusammen, die nahezu desolat ist – aber nicht nur damit. Simonis öffnet zugleich den Weg zur Re-Sozialdemokratisierung ihrer Partei: Wo einerseits der Klientel der Arbeitnehmer durch Innovation à la Hartz Umdenken in großem Stil abverlangt wird, schafft eine Debatte über die Erbschaftsteuer mindestens psychologische Entlastung.

Und das angesichts des sozial-konservativen Kurses der Union unter Edmund Stoiber, die der SPD den Begriff der sozialen Gerechtigkeit zu entwenden versucht. Es scheint ja auch vieles dafür zu sprechen. Warum sollen unter knappen Kassen nur diejenigen leiden, die sowieso schon weniger Geld haben?

In Amerika beschloss George W. Bush als Präsident ein auf zehn Jahre befristetes Steuersenkungsprogramm, das auch Erleichterungen bei der Erbschaftsteuer umfasste. Am 1. Januar wurde sie für Millionäre gesenkt. Bis zum Jahr 2007 soll sie auf 45 Prozent reduziert und dann von 2010 an ganz abgeschafft werden. Es war auch dieses Beispiel, das die Regierung Schröder davon abhielt, die ursprünglich beabsichtigte leichte Erhöhung zu verwirklichen.

Dann passierte zur Überraschung aller Folgendes: 500 Milliardäre und Millionäre in den USA, von George Soros über David Rockefeller bis Paul Newman, wandten sich gegen die Pläne von Bush. Schriftlich. Sie fühlten sich dazu verpflichtet, erklärten die Unterzeichner, dafür Sorge zu tragen, dass zum Beispiel öffentliche Schulen unterstützt werden könnten. Und der Mann fürs sozialdemokratische Herz, Oskar Lafontaine, führte zusätzlich Anthony Giddens an, den Vordenker von New Labour, der für eine hohe Erbschaftsteuer plädierte, damit nicht zu viele Privilegien weitergegeben werden könnten.

Das alles schwingt bei Heide Simonis unausgesprochen mit. Allerdings wird es in Deutschland die Probleme nicht lösen. Erst einmal vom System her: Die Erbschaft ist schon mehrfach versteuertes Einkommen. Zweitens politisch: Die Steuer auf Erbschaft würde die Erbengeneration in die Flucht schlagen, damit viele aus der umworbenen „Neue Mitte“. Drittens wirtschaftlich: Eine Erbschaftsteuer hierzulande träfe nicht Hunderte Milliardäre, sondern Tausende kleine Mittelständler, die das Geld nicht in den privaten Konsum stecken, sondern zusammenhalten für die Weiterführung ihrer Betriebe. Die fühlen sich durch das Steuersystem ohnedies schon schlechter behandelt, im Vergleich zu den geschonten großen Kapitalgesellschaften. Es wurde ihnen dafür Abhilfe versprochen – aber von der Union. Nur: Gesagt ist noch nicht getan.

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