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Er sieht eine glänzende Zukunft für sein Land: Kim Jong Un.

© dpa

Nordkorea: Kims schöne Worte

Kim Jong Un will aus Nordkorea einen wirtschaftlichen Gigant machen und verspricht den Bürgern ein stabileres Leben. Doch damit er diese Versprechen erfüllen kann, muss sich das Land wirtschaftlich öffnen.

Wie man Aufmerksamkeit erzeugt, davon versteht man etwas in Nordkorea. Seit Dezember bringt Pjöngjang das Land quasi im Wochentakt in die Schlagzeilen: zunächst der Test einer Langstreckenrakete, dann der zeremonielle Pomp aus Anlass des Todestags von Kim Jong Il, schließlich die Neujahrsansprache von Kim Jong Un, des Sohns und Nachfolgers. Zwischendurch immer wieder Meldungen über einen möglichen dritten Atomtest, über das Schicksal der Geschwister des jungen Kim und den Beratungseinsatz deutscher Investitionsrecht-Experten, dank derer, so vermeldete eine deutsche Zeitung unlängst, die wirtschaftliche Öffnung des Landes zum Greifen nahe scheint. Doch was ist dran an Kims neuen Botschaften und an der Hilfe in Sachen Investionsgesetzgebung?

Kims Auftritt war der erste seiner Art seit knapp 20 Jahren. Kim Jong Il hatte mit der Tradition der Neujahrsansprache gebrochen. Sein Sohn indes scheint um die dramaturgischen Möglichkeiten dieses Formats zu wissen und stellt sich damit einmal mehr in die Tradition des Großvaters. Kein Wunder, dass nun jedes seiner Worte auf die Goldwaage kommt.

Kims politische Agenda für das Jahr 2013 ist nun jedenfalls bekannt. Ein wichtiger Referenzpunkt dabei: der Raketentest im Dezember, der, anders als ein erster im April, als Erfolg verbucht werden konnte. Er bildet den Abschluss eines Jahres, mit dem der junge Herrscher zufrieden sein kann, politisch wie privat: Aufstieg zum Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungskomitees und zum Ersten Sekretär der Partei der Arbeit, Umbauten im Militär, dazu die vergleichsweise glamourösen Auftritte mit einer Frau.

Entsprechend euphorisch blickt Kim nach vorne, entsprechend bombastisch ist das Vokabular, das er wählt. Man wolle ein wirtschaftlicher Gigant werden, die Produktion erhöhen und das Leben der Menschen damit stabilisieren. Letzteres ist bitter nötig. Die staatliche Nahrungsmittelversorgung ist seit Jahren alles andere als effizient. Sogar Märkte werden deshalb geduldet, unter Auflagen. Bereits im Juni wurden Reformen angekündigt, denen zufolge die Bauern „nur“ noch 70 Prozent ihrer Ernte an den Staat abzuführen haben, zu festgelegten Preisen. Die restlichen 30 sollen sie auf dem Markt verkaufen dürfen. Ähnliches ist schon einmal versucht worden, vor rund zehn Jahren. Was seinerzeit an Ersparnissen anfiel, wurde allerdings durch die Währungsreform 2009 wieder zunichte gemacht. Zudem benötigen Landwirtschaft und Industrie, wenn sie, der Neujahrsansprache folgend, ihre Produktion steigern wollen, modernere Maschinen, mehr ökonomisches Know-how, mehr Energie – und eben ausländische Investitionen. Investoren aber brauchen, um Gefallen am Standort Nordkorea zu finden, Rechtssicherheit. Hier anzusetzen, ist also folgerichtig.

Der Autor Lars-André Richter.
Der Autor Lars-André Richter.

© Friedrich-Naumann-Stiftung

Tatsächlich müssen diese Investoren nicht nur aus China kommen. Deshalb dürfte sich Kim in seiner Ansprache überraschend konziliant gegeben haben, zumal Seoul gegenüber. Auch hier ist in jüngster Zeit einiges in Bewegung geraten: Südkorea ist seit diesem Jahre nichtständiges Mitglied im Sicherheitsrat der UN; dort steht das Thema Sanktionen gegen den Norden – Stichwort: Raketentest – noch auf der Tagesordnung. Ferner hat das Nachbarland im Dezember eine neue Präsidentin gewählt: Park Geun Hye. Ihre Nord- Politik gilt gemeinhin als moderater als die des scheidenden Präsidenten. Bald schon hat Kim also die Möglichkeit, konkret zu zeigen, wie ernst die versöhnlichen Töne gegenüber dem Süden gemeint sind.

Vieles von dem, was er in seiner Neujahrsansprache unter dem Vorzeichen der Öffnung angekündigt hat, steht andererseits unter einer Art Ideologievorbehalt. Auch dem sozialistischen Wirtschaftsmodell und der herausgehobenen Rolle des Militärs nämlich erweist er seine Referenz. Ob es zu einem Wandel kommt, bleibt also abzuwarten. Bereits im vergangenen April hatte Kim die in seiner Ansprache nun variierte Devise ausgegeben, niemand solle den Gürtel enger schnallen müssen. Es wäre schön, wenn man ihn beim Wort nehmen könnte.

Der Autor leitet das Büro Korea der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Seoul.

Lars-André Richter

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