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NPD-Verbot: Reden ist Blech

Schweigen wäre Gold gewesen: Berlins Innensenator Ehrhart Körting hat der NPD ungewollt einen Gefallen getan. Die Demokraten schaden sich selbst und streiten noch heftig.

Von Frank Jansen

Kaum ein deutscher Politiker engagiert sich so leidenschaftlich für ein Verbot der NPD wie Berlins Innensenator Ehrhart Körting. Der Sozialdemokrat kann dafür gute Gründe aufzählen, die rechtsextreme Partei liefert sie auch reichlich. Die NPD versteht sich als Fundamentalopposition gegen das „System“, Sympathien für den Nationalsozialismus sind offenkundig. Doch Körting agiert nicht immer klug. Und was er jetzt in einem Interview von sich gegeben hat, würde bei einem „normalen“ Beamten vermutlich den Verdacht des Verrats von Dienstgeheimnissen rechtfertigen.

Der Senator erzählte ohne zwingenden Anlass, dass Berlin, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein die V-Leute des Verfassungsschutzes in den Vorständen der NPD abgeschaltet haben. Körting wollte signalisieren: Die sozialdemokratischen Innenminister haben ihre Hausaufgaben gemacht, an ihnen kann jetzt ein zweiter Anlauf beim Bundesverfassungsgericht zu einem Verbotsverfahren gegen die NPD nicht mehr scheitern. Doch damit hat Körting auch sensible Informationen über den geheimen Umgang mit V-Leuten gleich bei mehreren Verfassungsschutzbehörden preisgegeben. Ist es das wert?

Und es tröstet nur wenig, dass Körting bereits Ende 2008 öffentlich verkündet hat, er habe keinen NPD-Vorständler mehr als V-Mann auf der Gehaltsliste. Ähnlich hatte sich im Oktober 2007 der damalige Innenminister von Schleswig-Holstein, Ralf Stegner geäußert. Doch jetzt steht der Senator in der Kritik. Leider zu Recht.

Körting hat nun Fakten genannt, die nicht nur Berlin und Schleswig-Holstein betreffen. Damit gab er der NPD den klaren Hinweis, wo überall sie in ihren Führungsgremien den Kampf gegen die Demokratie planen kann, ohne befürchten zu müssen, dass der Staat davon erfährt. So schwächt man die Wachsamkeit der Sicherheitsbehörden, auf die sich die Zivilgesellschaft verlassen muss.

Die NPD kann mal wieder triumphieren: Die Demokraten schaden sich selbst und streiten noch heftig. Außerdem ist ein neues Verbotsverfahren, das wissen die Rechtsextremisten genau, in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Das wird auch Körting geläufig sein, trotzdem hat er fahrlässig geplaudert. Und er ist dem von ihm herbeigesehnten Verbotsverfahren keinen Millimeter näher gekommen. Eher dürfte er den Widerstand jener Innenminister der Union gestärkt haben, die ein Verbotsverfahren wegen des hohen Prozessrisikos ablehnen – und das Abschalten von V-Leuten in einer extremistischen Organisation sowieso.

Deshalb möchte man allen, die das Thema NPD-Verbot bei jedem Anlass aufrühren, sei er auch wie im Fall Mannichl noch so dubios, nur noch zurufen: Lasst es bleiben! Solange nicht zu erwarten ist, dass sich Bundestag und Bundesrat und Bundesregierung auf einen Antrag in Karlsruhe einigen, nutzt die Endlosdebatte nur der NPD. Sie kann sich beim Wahlvolk als verfolgte Unschuld aufspielen – und von ihrem internen Chaos ablenken, das der Partei härter zusetzt als alles Gerede über ein Verbot.

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