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NSA und keiner hört hin: Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der NSA-Debatte im Bundestag

© dpa

NSA-Debatte im Bundestag: Einschläfernde Aufklärer

Kein Wunder, dass selbst Merkel wegnickt: In der Bundestagsdebatte zur NSA-Affäre redeten die Abgeordneten konsequent an allen Problemen vorbei. Dass es so ist, liegt aber nicht nur an der Politik. Die Rolle der Medien ist ernüchternd.

W arum sollen Amerikaner, Briten und andere Partner die Proteste der Deutschen gegen den angeblichen Späh-Skandal ernst nehmen? Die Bundestagsdebatte am Montag erinnerte an das Bild von den Hunden, die bellen, aber nicht beißen. Gebellt wird gegen Amerika, und die Beißhemmung gilt der eigenen Regierung. Die Bürger jedoch, die sich eine Einordnung der Vorgänge erhofft hatten, wurden enttäuscht. Enttäuscht von der Kanzlerin, die nicht erklären will, wie weit die erwünschte Kooperation mit Partner-Geheimdiensten geht und warum die aus ihrer Sicht auch im nationalen Interesse liegt. Und enttäuscht von den Parlamentariern, die ihrer Kontrollaufgabe ausweichen. Der Bundestag hat ja ein Aufsichtsgremium für die Geheimdienste. Auch dessen Mitglieder wissen viel mehr über Ausmaß und Sinn der Kooperation – und damit auch über die tatsächliche Grenzziehung zu Vertrauens- und Rechtsbruch –, als sie öffentlich eingestehen wollen.

Fast sechs Monate sind seit den ersten Berichten über die Snowden-Unterlagen vergangen: genug Zeit für eine Bestandsaufnahme, welche Vorwürfe bewiesen, welche widerlegt und welche ungeklärt sind. Doch dieser Herausforderung stellten sich nur Innenminister Friedrich und der Bundesdatenschutzbeauftragte Schaar. Zur Erinnerung: Begonnen hatte die Aufregung in Deutschland mit der Behauptung, dass die NSA hierzulande 500 Millionen Datensätze im Jahr rechtswidrig abgreife. Falsch, sagte Friedrich. Diese Daten habe der deutsche Auslandsgeheimdienst BND gesammelt – nicht in Deutschland, sondern in Krisengebieten, um die eigenen Soldaten dort zu schützen – und diese Daten gemeinsam mit den Amerikanern ausgewertet. Schaar, der nun wirklich alles tut, um das Recht der Deutschen auf Kontrolle ihrer Daten zu schützen, schreibt in seinem Bericht, bis heute sei nicht deutlich, ob ausländische Nachrichtendienste auf deutschem Boden Daten abgreifen – das wäre aber die Voraussetzung für den in so vielen Medien behaupteten Rechtsbruch. Seine Liste, was zu tun wäre, spielte in der Debatte keine Rolle.

Generell stützen jene deutschen Medien, die sich als Chefaufklärer aufspielen, ihre Anklagen auf ein sehr dünnes Faktenfundament. Fehlendes Wissen wird oft durch steile Thesen ausgeglichen. Und wer in Deutschland korrigiert schon eine Behauptung, die sich als falsch erwiesen hat?

Es geht auch anders. Der britische „Guardian“ treibt die eigene Regierung vor sich her, konfrontiert sie mit Details aus den Snowden-Unterlagen, fragt nach den Aktivitäten der britischen Dienste und den rechtlichen Grundlagen – frei nach dem Motto: Ein jeder kehre vor seiner Tür. Im Vergleich zu den scharfen Anhörungen im amerikanischen Senat zu den Aktivitäten der Geheimdienste und den verletzten Informationsrechten des Parlaments wirkte diese Bundestagsdebatte harmlos.

Nach allem Anschein sind die Angelsachsen in dieser Schattenwelt die schlimmsten Finger bei der Jagd auf Bürgerdaten. Sie sind aber auch die brutalstmöglichen Aufklärer. Vielleicht sollte die Parlamentskooperation da beginnen.

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