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Meinung: Nur noch Moral

Von Moritz Schuller

Natürlich geht es nicht um die 37 Flüchtlinge aus Sudan, die Italien nicht aufnehmen will und die ein deutsches Schiff schon längst aufgenommen hat. 37 Flüchtlinge kann jedes europäisches Land leicht verkraften. Wie bei jeder humanitären Krise in einem dieser Länder, die uns sehr fern sind, belegen die 37 Flüchtlingen von der „Cap Anamur“ nur ein altes Muster: Irgendwann erreichen solche Krisen auch uns. Die lächerliche Debatte um 37 Flüchtlinge und ebenso der Vorschlag des FDPPolitikers Gerhart Baum, deutsche Soldaten nach Sudan zu schicken, sind lediglich Abwehrgefechte eines längst verlorenen Kampfes. Wieder hat der Westen auf eine humanitäre Krise zu spät reagiert. Wieder kann es jetzt nur noch um Schadensbegrenzung gehen.

Für humanitäre Einsätze kann man moralische Argumente ins Feld führen: Leid, wo immer es erlitten wird, geht uns an. Wer dabei glaubwürdig sein will, muss bereit sein, für den Frieden im Sudan nicht nur Geld, sondern auch Soldaten zu schicken. Da stößt in Deutschland verständlicherweise die Moral an ihre Grenzen.

Krisen wie die in Sudan (oder die in Kongo oder die in Ruanda oder die in Haiti) sind dann am sinnvollsten – und am leichtesten – zu bekämpfen, wenn sie aufflackern. Treiben die Flüchtlinge im Mittelmeer, ist es zu spät. Dann sind gewöhnlich schon ganze Regionen betroffen, Millionen vertrieben, Tausende ermordet. Weil nicht im Keim erstickt, nimmt die Krise ihren eigenen Lauf. Sudan haben bis heute UN-Generalsekretär Annan besucht und der amerikanische Außenminister Powell, gestern kam schließlich auch Außenminister Fischer zu Besuch. Diese Stippvisiten und auch das Androhen von Sanktionen haben nichts bewirkt. Die Krise geht weiter.

Wer bereit ist zu humanitären Einsätzen, sollte es rechtzeitig und mit drastischen Mitteln tun. Dann gibt es noch politische und wirtschaftliche Argumente für ein solches Engagement: Die 37 Sudanesen würden vermutlich auch nicht im Mittelmeer treiben. Verpasst man den richtigen Zeitpunkt, bleibt nur noch die Moral.

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