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Die Umfragewerte sinken. Barack Obama scheint den Problemen machtlos gegenüberzustehen.

© dpa

Obama, Öl und Krieg: Der machtlose US-Präsident

Barack Obama wurde gewählt, damit er Probleme löst. Die Amerikaner wollen nicht, dass er ihnen die Grenzen der Macht eines US-Präsidenten vorführt. Ein Kommentar.

Es macht derzeit wenig Freude, Präsident der USA zu sein. Statt mit mutigen Reformen die Zukunft der Weltmacht zu gestalten, muss er sich mit einer Panne nach der anderen beschäftigen. Amerika kann auf den Mond fliegen und den Mars mit Sonden erkunden, ist aber trotz all seiner technischen Fertigkeiten selbst nach neun Wochen nicht fähig, ein verdammtes Bohrloch in 1500 Meter Wassertiefe zu schließen. In Afghanistan läuft es nicht gut. Und dann lässt der kommandierende General einen Reporter tagelang zuhören, wie abfällig sein Stab über die politische Elite lästert. Es ist zum Aus-der-Haut-Fahren. Ist er von Anfängern umgeben?

Obamas Zustimmungswerte sinken. Die jüngste Umfrage vom „Wall Street Journal“ und dem Sender NBC ermittelt erstmals mehr negative als positive Urteile: 48 zu 45 Prozent. Das liegt vor allem am machtlosen Bild, das Obama bei der Ölpest abgibt. Sie ist nicht seine Schuld, genauso wenig wie die Wirtschaftskrise; die hat er von George W. Bush geerbt. Aber ihn haben die Amerikaner gewählt, damit er die Probleme löst. Sie wollen nicht, dass er ihnen die Grenzen der Macht eines US- Präsidenten vorführt. Sie möchten positive Veränderungen in ihrem Alltag sehen. Und hassen Bilder, die Amerikas Hilflosigkeit zeigen. Die 444 Tage währende Geiselhaft der US-Diplomaten in Teheran nach der islamischen Revolution 1979 war auch nicht Jimmy Carters Schuld; sie hat ihn aber die Wiederwahl gekostet. George W. Bush hat Hurrikan „Katrina“ nicht verschuldet. Seine Krisenmanager versagten. Danach war sein Ansehen im Keller und sein Einfluss auf den Gang der Dinge begrenzt.

Obama muss langsam fürchten, dass die Republikaner die Kongresswahl im Herbst gewinnen. Und die Bürger ihm 2012 die Wiederwahl verweigern. Welch eine Schmach wäre das – der erste schwarze Präsident wird nach einer Amtszeit aussortiert.

Im Fall des Generals McChrystal hat er immerhin schnell gehandelt. Zaudern kann man ihm nicht vorwerfen. Aber die Affäre hat gezeigt, wie sehr das Weiße Haus, die Militärs und die Diplomaten unter Obama über den richtigen Afghanistankurs streiten. Dieser Schaden ist kaum zu reparieren. Die Nachrichten vom Arbeitsmarkt werden nicht besser. Dabei hatte er nur einen Monat nach Amtsantritt ein kühnes Konjunkturpaket verabschiedet. Die Truppenverstärkung in Afghanistan hat er nicht so leichtfertig angeordnet, wie Bush den Irakkrieg begann. Drei Monate lang hat er seine Optionen bis ins Detail mit Experten diskutiert. Er ist überzeugt, dass er verantwortungsvoll handelt. Der Erfolg aber ist begrenzt.

Die Gesundheitsreform hätte er 2009 fast verstolpert. Am Ende hat er sie mit eindrucksvollem Politmanagement hinter den Kulissen doch noch durch den Kongress bugsiert. Und prompt den Abrüstungsvertrag mit Russland als Dreingabe bekommen. Damals lobten viele sein Durchsetzungsvermögen und seine Weitsicht. Das ist nicht mal drei Monate her. Die Reform war überfällig – nicht nur, weil es eine Schande ist, wenn in einem so reichen Land 47 Millionen Menschen unversichert sind. Sondern die explodierenden Kosten im Gesundheitswesen hätten schon bald die Staatsfinanzen gelähmt. Aber die Mehrheit der Bürger dankt es ihm nicht. Hartnäckig hält sich das Misstrauen, er sei zu links, wolle zu viel ideologische Gesellschaftsreform und vernachlässige die Aufgabe, den Alltag verlässlich zu managen.

Amerika rückt nicht nach links, nur weil der Präsident es gerne so hätte und auch gute Argumente für seine Politik hat, jedenfalls aus Sicht der meisten Europäer. Vielmehr gilt umgekehrt: Je mehr er drückt – Wende weg vom Öl zu erneuerbaren Energien, mehr Staat im Gesundheitswesen, mehr Konjunkturankurbelung auf Pump –, desto stärker die politische Gegenreaktion. Und desto besser die Aussichten für die Rechte. Obama kann die öffentliche Stimmung nicht ignorieren, wenn er Wahlen gewinnen und seine Regierung neu legitimieren will. Nicht er macht Amerika europäischer, sondern die US-Bürger zwingen ihn auf Mitte-rechts-Kurs. Oder er muss gehen.

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