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Obama und Afghanistan: Gestörte Beziehung

Die McChrystal-Affäre offenbart auch nach dessen Entlassung Amerikas innere Zerrissenheit beim Thema Afghanistan. Keiner weiß wirklich, ob, wie und wann dieser Krieg zu gewinnen ist – und was "gewinnen" in diesem Fall heißt.

Manchmal kommt zum Unglück auch noch Pech. Seit Wochen kämpft Barack Obama gegen den Verdacht, die Dinge nicht mehr im Griff zu haben. Sein Popularitätswert ist miserabel, die Gesundheitsreform unbeliebt, die Arbeitslosigkeit hoch. Dann kam die Ölpest im Golf von Mexiko. Jeder weiß zwar, dass der US-Präsident für diese Katastrophe nicht verantwortlich ist, aber die Pose des hilflos Zornigen, der mit ansehen muss, wie täglich Millionen Liter Öl ins Meer strömen, verstärkt das Gefühl, er sei ein Getriebener. Und nun, als sei das alles nicht genug, zerrt der Skandal um General Stanley McChrystal das leidige Thema Afghanistan mit Wucht auf die Tagesordnung zurück. Plötzlich wird offenbar, was lange Zeit verdrängt worden war: Sowohl innerhalb der Administration als auch zwischen Politik und Militär herrscht Zwietracht über die richtige Strategie. Keiner weiß wirklich, ob, wie und wann dieser Krieg zu gewinnen ist – und was „gewinnen“ in diesem Fall heißt.

Afghanistan ist Obamas Krieg. Im Unterschied zum Irak werde am Hindukusch der wahre Kampf gegen den Terror und für Amerikas Sicherheit geführt, hat Obama stets betont. Die Entsendung von 30 000 zusätzlichen Soldaten war seine Entscheidung und eng mit dem Namen McChrystal verbunden. Von dem General versprach man sich Wunder. Doch die sind ausgeblieben. Die Taliban sind stark wie eh und je, die afghanischen Truppen schwach wie eh und je, Amerikas Verbündeter, Hamid Karsai, ist ein korrupter Wahlbetrüger. US-Vizepräsident Joe Biden drängt daher auf einen raschen Abzug, spätestens ab Juli 2011. Eine Rückkehr von Al Qaida ließe sich auch mit Spezialeinheiten und Dronen verhindern, lautet die bescheidene neue Devise.

Im Krieg verlassen sich Politiker auf das Urteil und die Loyalität ihrer Militärs. Wenn diese Beziehung in die Brüche geht, hat das weitreichende Konsequenzen. Die McChrystal-Affäre offenbart auch nach dessen Entlassung Amerikas innere Zerrissenheit beim Thema Afghanistan. Nicht die grobe Verfehlung im Ton ist das Problem, sondern der Eindruck, Amerika verfolge nur noch ein Ziel: sich am Ende nicht nachsagen lassen zu müssen, nicht alles versucht zu haben.

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