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Präsident Obama muss sich mit einer republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus auseinandersetzen.

© dpa

Obama und der Kongress: Amerikas Republikaner kommen ein bisschen zur Vernunft

Die US-Republikaner geben sich gegenüber Präsident Barack Obama plötzlich kooperationsbereit. Das müssen sie auch, sonst können sie keine Wahlen mehr gewinnen.

Die Wahlen in den USA liegen fast drei Monate zurück. Die Konfrontation aus dem Wahlkampf setzte sich aber fort, als hätten die Wähler nicht beiden Lagern ihren Anteil an der Macht zugewiesen. Das lag vor allem an den Republikanern. Nachdem sie Barack Obamas Wiederwahl nicht hatten verhindern könnten, drohten sie, ihre Mehrheit im Abgeordnetenhaus zu nutzen, um ihn zu blockieren – von der Budgetbewilligung über die Ablehnung von Ministerkandidaten im Senat bis zum Waffenrecht und der Reform des Einwanderungsrechts.

Nun aber scheint die Vernunft zu siegen – oder zumindest das rationale Machtkalkül. Auf mehreren Feldern zeichnet sich eine Wende zu begrenzter Kooperation ab. Vor wenigen Tagen nahmen führende Republikaner Abstand von der Drohung, den Kampf um die anstehende Erhöhung der Schuldenobergrenze auf Biegen und Brechen zu führen. Das Abgeordnetenhaus befreite Obama bis Mitte Mai von der Auflage, die Obergrenze einzuhalten. Er darf nach Belieben Kredite aufnehmen, um laufende Ausgaben zu bezahlen. Die Senatsanhörung des designierten Außenministers John Kerry verlief respektvoll. Er kann mit einer glatten Bestätigung rechnen. Am Montag präsentierten republikanische und demokratische Senatoren einen gemeinsamen Entwurf für die Einwanderungsreform: eine willkommene Vorlage für Obamas Auftritt am Dienstag in Nevada, wo er Latinowählern Hoffnung auf Erfüllung dieses Wunsches machen konnte.

In der Sache sind sich die Lager nicht nähergekommen. Auf beiden Seiten siegt aber die Einsicht, dass eine fortgesetzte Blockade ihnen politisch schadet. Die Bürger verlangen pragmatische Lösungen, und selbst Stammwähler einer Partei verstehen, dass dafür Abstriche von der reinen Lehre nötig sind.

Für Obama geht es um seinen Platz in den Geschichtsbüchern. Die erste Amtszeit bietet eine gute Grundlage: Er hat die Rezession überwunden, die Gesundheits- und Finanzmarktreform durchgesetzt, die Rechte der Homosexuellen gestärkt, den Irakkrieg beendet, zwei neue Verfassungsrichterinnen ernannt. So soll es weitergehen. Vier Jahre Stillstand würden die Bilanz schmälern.

Die Republikaner müssen sich öffnen, wenn sie wieder nationale Wahlen gewinnen wollen: für Latinos, Homosexuelle und Jungwähler. Die Einwanderer aus dem Süden sind die größte und am schnellsten wachsende Minderheit. In ihrer Grundhaltung sind sie zumeist konservativ, aber wenn die Republikaner in ihren Augen einwanderungsfeindlich auftreten, wechseln die Latinos zu den Demokraten. George W. Bush bekam noch 44 Prozent ihrer Stimmen, Mitt Romney nur 27 Prozent. Daher die neue Offenheit für die Einwanderungsreform.

Die grundsätzlichen ideologischen Differenzen bleiben freilich. Sie werden erneut aufbrechen, wenn im März die nächste Sparrunde ansteht: wie viel wird beim Militär gekürzt, wie viel bei den Sozialprogrammen? Da kann rasch der alte Blockadewunsch wieder die Oberhand gewinnen. Es liegt nun an den Führern beider Lager, die taktische Kompromissbereitschaft klug zu nutzen – für den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses, das die nächste Krise übersteht.

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