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Öffentlicher Dienst: Ende der Bescheidenheit

Warum acht Prozent mehr Geld die richtige Forderung für den öffentlichen Dienst ist.

Frank Bsirske ist nicht Heinz Kluncker; bis jetzt jedenfalls noch nicht. ÖTV-Chef Kluncker hatte Anfang der 70er Jahre mit einem zweistelligen Tarifabschluss gehörig beigetragen zum Ende Willy Brandts als Bundeskanzler. Bsirskes aktuelle Forderung nach acht Prozent mehr Geld erinnert vielmehr an Monika Wulf-Mathies, die Anfang der 90er Jahre ähnlich hoch ranging. Das bekam ihr nicht gut, die ÖTler waren am Ende nicht zufrieden mit dem Erreichten und Wulf-Mathies gab den Spitzenposten auf.

Bsirske geht dieses Risiko nicht ein. Nach drei mageren Jahren, in denen es jeweils nur Einmalzahlungen gab, ist es an der Zeit für eine prozentuale Gehaltserhöhung. Das bestreitet auch kein Arbeitgeber oder Dienstherr. Und wenn acht Prozent gefordert werden, bleiben am Ende der Verhandlungen gut vier übrig. Das ist in Ordnung.

Wir beklagen alle paar Tage den Pflegenotstand und regen uns auf über erbärmliche Ergebnisse bei Pisa; wir nehmen selbstverständlich die Sicherheitsdienste von Polizei und Feuerwehr in Anspruch, erwarten einen halbwegs freundlichen Service beim Behördengang und motiviertes sowie kompetentes Personal im Krankenhaus und bei den Jugendämtern sowieso. Das hat alles seine Berechtigung – und seinen Preis.

Das Ansehen des öffentlichen Dienstes in breiten Teilen der Bevölkerung hat Gerhard Schröder einmal in frappierender Schlichtheit am Beispiel einer Gruppe auf den Punkt gebracht, als er die Lehrer als „faule Säcke“ beschimpfte. Der Applaus dröhnte gewaltig von den Stammtischen. Weil die Ressentiments gegen den öffentlichen Dienst über die Jahre gewachsen waren: ordentliches Gehalt, sicherer Arbeitsplatz, verkraftbarer Leistungsdruck, Planungssicherheit. Das war einmal.

Seit 1990 wurden im öffentlichen Dienst 1,5 Millionen Stellen abgebaut. Den Beamten kürzten die Dienstherren in den letzten Jahren Urlaubs- und Weihnachtsgeld und verlängerten die Arbeitszeit. Tarifabschlüsse in der privaten Wirtschaft liegen seit Jahren über dem Niveau der Staatsbeschäftigten. Die Attraktivität ist inzwischen dahin, wer eine gute Ausbildung hat und Geld verdienen will, der sucht sich einen Job in der privaten Wirtschaft.

Um den Dienst zukunftsfest zu machen, haben die Tarifparteien vor drei Jahren den BAT abgeschafft und durch ein neues Tarifwerk ersetzt. Das war richtig, aber auch schmerzhaft für die Beschäftigten, denn die Reform musste kostenneutral sein, ging also einher mit Nullrunden und im Endeffekt mit Reallohneinbußen; denn höhere Preise zahlen die Öffentlichen ja auch. Jetzt sind sie an der Reihe, und das Lamento der öffentlichen Kassenwarte wird daran nichts ändern. Für gesunde Haushalte sind Finanzpolitiker zuständig, nicht die Beschäftigten. Und wenn das Geld für eine Erhöhung der Bundestagsdiäten um 4,7 Prozent da ist – warum dann nicht auch für alle Staatsdiener?

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