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Meinung: Öfter mal regieren

Kein Grund zum Feiern: Nach vier Jahren ist die Bilanz Klaus Wowereits durchwachsen

So würden wir den Regierenden Bürgermeister gern häufiger erleben – effizient und professionell. Angesichts eines drohenden Streiks der Berliner Verkehrsbetriebe griff Klaus Wowereit ein und handelte in letzter Minute einen Kompromiss aus – auf den Tag genau vier Jahre, nachdem er den im Bankenskandal zermürbten CDU-Regierungschef Eberhard Diepgen durch ein Misstrauensvotum ablöste.

Da war es dann wieder, das anfänglich so heftig strapazierte Wort und zwischenzeitlich nahezu ausgemusterte Wort vom „Mentalitätswechsel“. Tatsächlich aber hat Wowereit wenig Grund zum Feiern und umso mehr Anlass zum Regieren. So wie bei der eskalierenden Auseinandersetzung um die Zukunft von Deutschlands größtem Nahverkehrsbetrieb. Die 12 000 Mitarbeiter des Nahverkehrsbetriebs werden empfindliche Gehaltseinbußen hinnehmen müssen – gegen kürzere Arbeitszeiten und eine Bestandsgarantie für den hoch verschuldeten städtischen Fuhrbetrieb. Das Land Berlin wird dadurch jährlich 38 Millionen Euro sparen, fast doppelt so viel, wie die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zuvor zugestehen wollte. Damit sind auch bei der BVG endlich neue Realitäten angekommen. Spät genug. Denn ab 2008 endet das Monopol der BVG, dann wird sie sich der europäischen Konkurrenz bei der Ausschreibung der Strecken stellen müssen.

Veränderung ist also machbar, man muss es nur wollen. Klaus Wowereit will es nur zu selten. Das aber kann sich die Stadt nicht leisten. Trotz vieler Sparbemühungen ist die Lage Berlins weit bedrückender als zu seinem Amtsantritt. Bis 2009 werden die Schulden auf 70 Milliarden Euro steigen; die Sanierung aus eigener Kraft zu schaffen, wie es sich der Wowereit-Senat beim Amtsantritt noch zutraute, dieser Plan ist längst aufgegeben. Nun sollen die Milliarden des Bundes der Stadt die Zukunft retten – notfalls erzwungen mit Hilfe der Verfassungsrichter in Karlsruhe.

Dabei kann der Regierende Bürgermeister durchaus Erfolge vorweisen. Mit seinem hart erkämpften Solidarpakt für den öffentlichen Dienst – Gehaltseinbußen gegen kürzere Arbeitszeiten und Kündigungsschutz – hat Klaus Wowereit vor zwei Jahren vorgemacht, wie man verfestigte Tarifstrukturen zum Tanzen bringen kann, und dafür bundesweite Anerkennung erworben. Auch für eine besser organisierte Wirtschaftsförderung bekommt der rot-rote Senat gute Noten aus der Wirtschaft. Doch zu häufig erweckt Wowereit den Eindruck, es genüge ihm, als flotter Bürgermeister einer hippen Stadt durchzugehen und seinen Ehrgeiz als oberster Werber für Städtereisen in die deutsche Hauptstadt zu befriedigen. Das Debakel um eine neue Hauptstadtklausel im Grundgesetz, als Wowereit zu voreilig einen Erfolg feierte, zeigt, dass Charme bei den Verteilungskämpfen der Länderfürsten keine harte Währung ist.

Auf ein paar Ideen mehr aus der Hauptstadt haben die Bundesbürger schon Anspruch, wenn sie für Berlin zahlen sollen. Doch vom Willen, die Stadt bundesweit zu dem Reformlabor zu machen, in dem modellhaft entwickelt wird, wie eine schlanke öffentliche Verwaltung als Dienstleistungsbetrieb für den Bürger funktionieren kann, ist dieser Senat nicht getrieben.

Der Erfolg bei der BVG könnte Wowereit daran erinnern, dass er bei seinem Amtsantritt versprochen hat, das zerstörte Vertrauen in die Politik wiederherzustellen. Das ist ohne beständig harte Arbeit und harte Wahrheiten nicht zu schaffen.

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