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Ölpest: Verloren im Mehr

Das Bohrloch ist dicht – die Folgen der Ölpest für die Tiefsee sind aber nicht absehbar. Dort wird es wohl Jahrzehnte dauern, bis die Natur die sensiblen Ökosysteme wiederhergestellt hat.

Es sieht gut aus, am Grund des Golfs von Mexiko. Das Bohrloch, aus dem seit April unkontrolliert das Öl schoss, scheint tatsächlich dicht zu sein. Jetzt wollen die Techniker mit der Aktion „Static Kill“ beginnen und das Loch im Meeresgrund mit schwerem Schlamm und Zement dauerhaft verschließen.

Rings um die havarierte Bohrung sieht es nicht ganz so gut aus. Jüngsten Berechnungen zufolge sind etwa 660 000 Tonnen Erdöl ins Meer geströmt. Das ist rund zehnmal so viel wie der Tanker „Prestige“ im November 2002 vor der spanischen Küste verlor. Damit ist die Ölpest im Golf von Mexiko, neben den Leckages des Golfkriegs von 1991, eine der größten der Geschichte. Weniger als ein Fünftel der ausgeströmten Menge sei aufgefangen und auf Schiffe gepumpt worden, sagt der Krisenstab der US-Regierung. Der Rest schwimmt im Golf und teilweise schon im Atlantik.

In der Umgebung der Unglücksstelle hat das Öl eine ökologische Katastrophe ausgelöst. Das bestreitet nicht einmal BP. Was die Folgen für den gesamten Golf betrifft, kam es allerdings nicht zu jener Apokalypse, die teilweise gezeichnet wurde.

Immer kleiner werden die Öllachen auf der Oberfläche. Offensichtlich schaffen die ölfressenden Bakterien und das warme Wetter, das Teile des Öls schneller verdunsten lässt, mehr als man ihnen zugetraut hatte. In den tiefen Wasserschichten hingegen wird es wohl Jahrzehnte dauern, bis die Natur die sensiblen Ökosysteme wiederhergestellt hat. Dass sie das kann, lässt sich an vielen Unglücksstellen beobachten.

Daraus zu schließen, dass die 660 000 Tonnen Öl eigentlich nichts Schlimmes sind und all die Aufregung umsonst, wäre absolut falsch. Die Auswirkungen einer Ölpest sind in den betroffenen Regionen dramatisch: Gerade die zwei oftmals bestimmenden Wirtschaftsfaktoren Fischerei und Tourismus werden massiv beschädigt. Hinzu kommen die Folgen für die Meereswelt, von der wir ehrlich gesagt noch ziemlich wenig wissen. Auf jede bekannte Tier- oder Pflanzenart kommen schätzungsweise vier, die noch niemand erfasst hat.

Die Zeit läuft, denn Ölunfälle, wie jetzt im Golf von Mexiko, wird es auch in Zukunft geben. Der immense Bedarf an Erdöl treibt die Konzerne vom zunehmend ausgebeuteten Festland in die Meere. Brasilien hat große Lagerstätten in sieben Kilometer Tiefe entdeckt und wartet darauf, dass die Bohrtechnik endlich so weit ist, dass die Vorkommen erschlossen werden können. Russland, die USA und Kanada haben vor wenigen Tagen Expeditionen in den Arktischen Ozean geschickt, um dort nach Rohstoffen, einschließlich Öl und Gas, zu suchen.

Der Fall der Bohrinsel „Deepwater Horizon“ hat gezeigt, dass die Sicherheitstechnik für Havarien weit hinter dem Stand der Fördertechnik liegt. Ob das in Zukunft besser wird, ist fraglich. Wo hohe Einnahmen erzielt werden können, hat es die Natur erfahrungsgemäß schwer. Es gibt nur einen Ausweg: Wir müssen weg vom Öl. So schnell wie möglich.

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