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Meinung: Ohne Kompass

Das ist schon fast ein Treppenwitz der Geschichte. Da hat die CDU als erste Partei im wiedervereinigten Deutschland eine ostdeutsche Vorsitzende - und zugleich ein Jahrzehnt nach dem Mauerfall ihren Kompass für innerdeutsche Politik verloren.

Das ist schon fast ein Treppenwitz der Geschichte. Da hat die CDU als erste Partei im wiedervereinigten Deutschland eine ostdeutsche Vorsitzende - und zugleich ein Jahrzehnt nach dem Mauerfall ihren Kompass für innerdeutsche Politik verloren. Vom Nutzen der Historie für das politische Leben scheinen die Führenden der Partei nichts gehört zu haben. So gesehen hätte keiner von den Jungen die Einheit zustande gebracht. Ja, die Einheit, das im Grunde letzte verbliebene große Kapital der Christdemokraten.

Es war immer klar, dass das Zusammenwachsen zweier deutscher Staaten unter Schmerzen stattfinden würde, wirtschaftlich wie gesellschaftspolitisch. Und wer Zusammenwachsen als Prozess begreift, der weiß, dass es - logisch - eine Weiterentwicklung von Positionen geben muss. Im Wissen um das, was war, aber nicht, um Schlachten der Vergangenheit zu schlagen, die nur noch die Alten interessieren, sondern um Fehler zu vermeiden. Ausgrenzung (der PDS-Wähler) wäre ein Fehler, ein kapitaler, vor allem im Blick auf die Jungen.

Wie konnte jetzt, beispielsweise, Unionsfraktionschef Friedrich Merz damit drohen, dem Osten Geld zu entziehen, wenn er die PDS wählt? Gut, ganz so hat er es nicht gesagt - aber gemeint. Mindestens bis Sonntag. Und so kam der Ton an: als typisch westdeutsches Verlangen nach Botmäßigkeit. Genau das bringt dann nicht nur die langgedienten PDS-Mitglieder auf - länger als nur ein Wochenende.

Erstens musste Ostdeutschland, wenn auch in anderen Zusammenhängen, lange genug folgsam sein; so mobilisiert man Abwehrreflexe. Zweitens, nicht zu vergessen, hat die CDU zur Einheit das Geld gebracht. Im doppelten Sinn des Satzes. Drittens gibt es eben die Jüngeren, die jetzt wählen und auch in die Verantwortung streben. Aber für Zukünftiges, nicht für die Vergangenheit. Und in deutlicher Mehrheit schon gar nicht der sozialistischen.

Die "Partei der Einheit" - sie kämpft mit den Folgen. Und das, obwohl an ihrer Spitze eine Ostdeutsche steht. Die nur leider keinen Kurs vorgibt. Aber wenigstens war sie, ihrem inneren Kompass folgend, gerade im Osten unterwegs.

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