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Die Spiele in Sotschi gelten vor allem als das Werk von Russlands Staatschef Wladimir Putin.

© AFP

Olympische Spiele: Sotschi 2014 droht zum Trauerspiel zu werden

Die Winterspiele 2014 in Sotschi drohen zum Desaster zu werden. Dass hat nicht nur mit russischem Gigantismus zu tun - an dem Schwarzmeerbadeort könnte es für Spiele im Winter schlicht zu warm sein.

Vielleicht gibt es in genau einem Jahr die ersten Olympischen Winterspiele ohne Winter. Vielleicht werden die Spiele von Sotschi als Chemie-Olympiade in die Geschichte eingehen. An der russischen Schwarzmeerküste könnte es auch im nächsten Februar so warm sein, dass selbst der Kunstschnee schmilzt. Die Nordischen Kombinierer haben gerade ihren Weltcup dort bei zehn Grad plus ausgetragen. Nur mit jeder Menge Chemie war ihr Wettbewerb noch zu retten.

Olympische Winterspiele sind eigentlich ein Naturereignis. Doch die Spiele in Sotschi werden zeigen, wie künstlich Olympia geworden ist. Das ganze Tal sei umgegraben worden, das hat Hermann Weinbuch über Sotschi gesagt, der Bundestrainer der Nordischen Kombinierer: „Wir waren ein bisschen schockiert, dass man so etwas der Natur antun darf.“

Die Lästerei über den olympischen Gigantismus dürfte fast so alt sein wie die olympische Bewegung selbst. Doch die beiden größten Organisationen des Weltsports, das Internationale Olympische Komitee und der Internationale Fußball-Verband Fifa übertreffen mit ihren Entscheidungen noch die absurdesten Vorstellungen: Winterspiele im russischen Badeort. Fußball-WM im Wüstenstaat Katar. Hinter beiden Entscheidungen steckt das gierige Streben, den Markt immer weiter zu vergrößern. Die ganze Welt als Sponsorenpool. Eine bessere Werbung kann sich Olympia auch gar nicht vorstellen als das Buhlen aller Länder um die Ausrichtung der Spiele. Es wird wohl langsam Zeit, sich auf alpine Ski-Weltmeisterschaften in Doha einzustellen.

Dem IOC fällt dabei wieder der eigene Anspruch krachend auf die Füße, eine globale Werteorganisation zu sein. Respekt vor der Natur zeigt das Komitee jedenfalls keinen, und wenn man das IOC nach der Zwangsumsiedlung von Menschen wegen der Olympiabauten fragt, verweist es an das lokale Organisationskomitee.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich mit Sotschi seine Olympiateilnahme erkauft. Mindestens 50 Milliarden Dollar lässt sich Russland die zweieinhalb Wochen weltweite Aufmerksamkeit kosten. Und bei allem, was jetzt in der Vorbereitung schiefläuft, sind vom IOC keine großen Widerworte zu hören. Es ist vor Putin genauso eingeknickt wie 2008 vor der KP Chinas, als diese gleichzeitig Gewalt in Tibet ausüben und die olympische Fackel um die Welt tragen ließ. Wenn der Preis stimmt, vergisst das IOC gerne, dass es selbst die Regeln für die Spiele setzt.

Das IOC und die russischen Organisatoren und natürlich auch Wladimir Putin haben jetzt noch ein Jahr Zeit, sich eine Idee auszudenken, wofür diese Spiele von Sotschi eigentlich stehen sollen. Die Sinnfrage ist noch nicht beantwortet. Wintersportzentren gibt es schon genug auf der Welt, dafür braucht man Sotschi nicht. Es ist auch nicht so, dass die Bevölkerung vor Ort sich so sehnlichst Olympia gewünscht hätte. Manch einer hätte lieber seine Wohnung behalten. Wahrscheinlich kann nur noch Väterchen Frost diese Winterspiele retten.

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