zum Hauptinhalt

Meinung: Pakt mit Putin

Von Christoph von Marschall

Bei diesem Händedruck hat man gespaltene Gefühle. Generell ist es nicht falsch, dass der Kanzler Russland nicht fallen lässt, sondern die Beziehung zu Wladimir Putin pflegt – sofern er seinen Einfluss tatsächlich nutzt zu Gunsten von Demokratie und Zivilgesellschaft, gegen eine menschenverachtende Tschetschenienpolitik. Aber die Art, wie und wann dieses Pipelinegeschäft zu Stande kam, stärkt eher den Verdacht, Russland oder auch Chinapolitik sei für Schröder mehr Außenhandels- als Außenpolitik.

Man muss nicht so weit gehen wie zornige polnische Medien, die die Fortsetzung des Hitler-Stalin-Pakts wittern. Doch ist sich der Kanzler bewusst, dass er mit zwei Regeln deutscher Außenpolitik gebrochen hat? Er hat gegen EU-Solidarität und gegen die gemeinsame Energiepolitik gehandelt, als er auf Putins Vorschlag einging, den neuen EU-Partner Polen beim Pipelinebau gezielt zu umgehen. Und er hat gegen die Lehre aus der Geschichte verstoßen, Deutschland dürfe nie wieder über Polens Kopf hinweg mit Russland koalieren. Seit Jahren war eine Landpipeline geplant, die über die Ukraine (oder Weißrussland) und Polen nach Westen führt – mit zwei nützlichen Effekten: Alle diese Staaten wären in ein gemeinsames Energienetz integriert. Und wenn alle am Transit ein bisschen mitverdienen, würde das in Zeiten politischer Spannungen stabilisierend wirken, siehe das deutsch-sowjetische Röhren-Erdgas-Geschäft im Kalten Krieg. Putin änderte die Pläne aus Zorn über die orangefarbene Revolution in der Ukraine, die dank kräftiger polnischer Mithilfe zur Wende führte und den Moskauer Einfluss auf Kiew drastisch minderte. Zu dieser Strafaktion gegen Warschau hat Schröder die Hand gereicht. Vielleicht war das nicht sein Ziel, vielleicht sah er in der Ostseeroute nur ein gutes Geschäft.

Polens Hoffnung, eine CDU-Regierung werde den Vertrag kündigen, ist unrealistisch. Jede Bundesregierung muss aber ein Eigeninteresse haben, Polen seine Ängste zu nehmen und es einzubinden: eventuell durch Anschluss an das deutsche Gasnetz?

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false