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Papstattentäter Agca: Ein Killer, kein Clown

Bei seiner Entlassung aus türkischer Haft hat Papstattentäter Mehmet Ali Agca seinem Ruf als Exzentriker alle Ehre gemacht.

In einer handschriftlich verfassten Erklärung bezeichnete der Papstattentäter Mehmet Ali Agca sich selbst als Messias, stellte klar, dass es keine Dreifaltigkeit gebe und kündigte den Weltuntergang für den Lauf des Jahrhunderts an. Man mag über solche Dinge den Kopf schütteln. Doch mindestens ebenso verrückt wie Agca ist eine Weltöffentlichkeit, die an den Lippen eines Schwerverbrechers hängt und die ihn möglicherweise schon bald zu einem reichen Mann machen wird.

Agca ist ein Killer, kein Clown. Am 1. Februar 1979 erschoss er den türkischen Journalisten Abdi Ipekci. Seiner Strafe entzog er sich durch Flucht aus dem Gefängnis, wobei ihm rechtsextreme Gesinnungsgenossen offenbar halfen. Zwei Jahre später schoss er in Rom auf Papst Johannes Paul II. Warum und in wessen Auftrag er handelte, ist bis heute nicht erklärt – weder im Fall Ipekci noch im Fall Johhanes Paul.

In den fast drei Jahrzehnten seit seiner Festnahme in Italien ist Agca im Gespräch geblieben, vor allem durch seine oft widersprüchlichen und abenteuerlichen Aussagen zum Verbrechen in Rom. Jetzt präsentiert sich der Killer aller Ernstes als Wehrdienstverweigerer.

Dass sich die Öffentlichkeit für Agca interessiert, ist angesichts seines Unterhaltungswertes verständlich. Geschmacklos ist allerdings, dass Agca auf Millionenverträge für Bücher und Filme hoffen kann. Memoiren des Papstattentäters, in denen die angebliche Wahrheit über die Schüsse auf dem Petersplatz enthüllt wird, sind mehrere Millionen Dollar wert. Nicht die Angebote von Verlagen und Produktionsfirmen sind hier das Problem – diese Angebote basieren schließlich auf der Erwartung, dass Bücher und Filme ein Millionenpublikum finden und hohe Gewinne abwerfen werden. So gesehen sind wir alle dafür verantwortlich, dass der Schwerverbrecher Agca vielleicht schon bald ein Luxulsleben führen kann.

Es gibt allerdings einen Hoffnungsschimmer. Agcas merkwürdiges Verhalten und seine neuesten Stellungnahmen als „Messias“ vermindern seiner Glaubwürdigkeit – und senken damit die Chancen, dass große Verlage und Filmfirmen bereit sein werden, ihren Ruf durch eine teure Zusammenarbeit mit ihm aufs Spiel zu setzen. Die Wahrheit hinter dem Attentat auf den Papst wird möglicherweise nie ans Tageslicht kommen.

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