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Meinung: Polen nach der Wahl: Ohne Mitte

Der Wähler ist grausam, nicht nur in Hamburg. In Polen hat er, erstens, der Ex-Solidarnosc, der das Land die Wende verdankt, den Wiedereinzug ins Parlament verwehrt.

Der Wähler ist grausam, nicht nur in Hamburg. In Polen hat er, erstens, der Ex-Solidarnosc, der das Land die Wende verdankt, den Wiedereinzug ins Parlament verwehrt. Und, zweitens, die Anti-Europa-Populisten, stark gemacht: die Bauernpartei, die während ihres Mitregierens 1993-97 nur ihre unselige Klientelpolitik im Kopf hatte, und, schlimmer noch, die "Selbstverteidigung" - ja, so nennt sich die Partei des Krawallmachers Andrzej Lepper wirklich. Deshalb ist, drittens, die Mitte erschreckend schwach vertreten. Da blieb nur ein Trost, freilich ein ziemlich fragwürdiger in einer Demokratie: Die ex-kommunistische Linke, auf deren EU-Kurs bisher stets Verlass war, holt die absolute Mehrheit und ist nicht auf unsichere Koalitionspartner angewiesen. Eine realpolitisch weise Konstellation: Die Mehrheit für die Reformen, die der EU-Beitritt verlangt, ist gesichert - und die Brüssel-Gegner sind so stark, dass außerparlamentarischer Protest sich erübrigt. So sah es am Sonntagabend aus. Doch beim Nachzählen scheint dem Wahlsieger Miller die absolute Mehrheit verloren zu gehen - und damit der Bundesregierung der schwache Trost, dass ihr Schützling auf der Schlussgeraden zum EU-Beitritt wieder aufschließt. Bis zur Verkündung des amtlichen Ergebnisses bleiben zwei Hoffnungen: Nochmal nachzählen - unter Absingen der Nationalhymne "Noch ist Polen nicht verloren". Und wenn das nichts hilft, ein Stoßgebet an die neue Partei in der kleinen, schwachen Mitte: Kann die Bürgerplattform sich vielleicht doch zur Koalition überwinden? cvm

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