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Porträt: "Ä Tännchen, blies"

Der Ausländerbeauftragte Martin Gillo hält es für dringlich geboten, dass die Zweisprachigkeit im Sinne der notwendigen „Willkommenskultur“ in sächsischen Amtsstuben Standard wird .

Von Matthias Schlegel

"Ä Tännchen, blies“, sagt der Sachse, und meint damit nicht den raumschmückenden Weihnachtsbaum, sondern das Achtung gebietende „attention, please!“. So ist das mit den Dialekten im Allgemeinen und dem sächsischen im Besonderen: Sie geben immer wieder Anlass für treffliche Verballhornungen. Dass ausgerechnet der Sachse mit dem angelsächsischen Slang seine Probleme hat, mag verwundern. Aber bekanntlich ist der gesamte Osten Deutschlands noch immer fremdsprachliches Entwicklungsland, weil die einst immens eingeschränkten Reisemöglichkeiten bewirkten, dass der polyglotte Bürger eher der Ausnahmefall im real existierenden Sozialismus war. Das hallt bis in die Gegenwart nach.

So verwundert nicht, dass es ein in den 90er Jahren aus dem Westen ins Sachsenland übergesiedelter Weltenbürger mit US-amerikanischen Studienabschlüssen ist, der den Mitarbeitern in den Landesbehörden des Freistaats die englische Sprache verordnen möchte. Der Ausländerbeauftragte Martin Gillo hält es für dringlich geboten, dass die Zweisprachigkeit im Sinne der notwendigen „Willkommenskultur“ Standard wird in sächsischen Amtsstuben. Das zumindest erklärte er am Montag in Dresden, als er seinen Jahresbericht vorlegte.

„Englisch muss in allen Behörden zur Verständigung, Online-Information und Erklärung von Sachverhalten zugelassen sein“, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete. Eine Gesellschaft und Behörden, die Offenheit lebten, würden attraktiv für alle in Stadt und Land. Ein „offenes Herz für Vielfalt“ erfordere „konstruktive Wandlungen“ auf allen Seiten der Mehrheitsgesellschaft, verlangte Gillo.

Der heute 67-Jährige, der zwar in Leipzig geboren wurde, aber in Delmenhorst aufwuchs, wurde im Jahr 2002 von dem damals frisch gekürten Ministerpräsidenten Georg Milbradt als parteiloser Wirtschaftsminister ins Dresdner Kabinett geholt. Milbradt, der gerade seinen Vorgänger Kurt Biedenkopf gestürzt hatte, brauchte für den Neuanfang auch ein paar neue, weltgewandte Persönlichkeiten. Gillo, damals Personalchef der AMD Saxony Manufacturing GmbH in Dresden, schien dafür geeignet zu sein. Dennoch musste er den Posten schon nach zwei Jahren wieder verlassen, weil die SPD an der Seite der CDU in die Regierung eingezogen war und das Wirtschaftsressort an den Sozialdemokraten Thomas Jurk fiel. Seither sitzt Gillo im Landtag, der ihn 2009 zum Ausländerbeauftragten wählte. Matthias Schlegel

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