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PORTRÄT BÉLA RÉTHY, FUSSBALLREPORTER:: "Wir haben einen Bildausfall"

Reporter Béla Réthy hätte sich als Fußballkommentator unsterblich machen können. Doch diese Chance ist an ihm vorübergegangen. In Top-Form war er bei dieser EM aber sowieso nicht.

Diese Chance hat ein Fussballreporter nur einmal in seinem Leben. Damit kann man sich unsterblich machen. So wie Marcel Reif und Günther Jauch im April 1998. Als beim Champions-League-Spiel Real Madrid gegen Borussia Dortmund ein Tor umfiel und auf dem Feld unten 75 Minuten fast gar nichts passierte, waren Reif und Jauch so geistesgegenwärtig und lustig, dass sie sich Fernsehpreise erschwatzten. 75 Minuten, diese Zeit hätte ZDF-Reporter Béla Réthy vielleicht auch mal gerne, wenn etwas Außergewöhnliches passiert; einen großen Preis nach 14 Jahren im WM- und EM-Geschäft hätte er sicher auch mal verdient – allein, an Réthy ist diese historische Chance am Mittwochabend vorübergegangen. Fast 30 Millionen TV-Zuschauer waren Zeuge, als beim dramatischen EM-Halbfinale Deutschland gegen Türkei mehrmals das Bild ausfiel. Nebenbei: Als dem gewieften Fernsehmann oder besser uns, dem Zuschauer, die Bilder ausgingen, Réthy plötzlich zum Radioreporter mutieren musste, wurde auf einmal schmerzhaft deutlich, was für eine grandiose Arbeit Radioreporter immer leisten. Réthy offenbar nicht. Das wenige, das dem Kommentator in Basel einfiel: „Wir haben einen Bildausfall.“ Und: „Klose … passt zu Lahm …“ Aha, ja, aber wohin? Wo laufen sie denn?

Ein paar von vielen merkwürdigen Sätzen und Fehleinschätzungen des ZDF-Urgesteins bei dieser Fußball-Europameisterschaft. Irgendwie war Béla Réthy nicht in Topform. Normalerweise bleibt der 1956 in Wien geborene, mehrsprachige Reporter von massiver Medienkritik weitgehend verschont, anders als die Kollegen Steffen Simon oder Wolf-Dieter Poschmann. Der Mann wolle nicht genial sein, sondern nur gut, heißt es öfters über Béla Réthy. Nicht gut genug, mussten 30 Millionen Fussballfans am Mittwochabend leider feststellen. Er habe den Bildausfall eher als eine Herausforderung empfunden, sagte Réthy am Tag darauf. Und ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz ergänzte: „Das war schon eine reife Leistung.“ Réthy habe während der Ausfälle nicht gewusst, welche Bilder in dieser Zeit gesendet wurden. Naja, wahrscheinlich die Bilder, die alle im Baseler Stadion gesehen haben.

Irgendwann übernahm das ZDF die Bilder vom Schweizer Fernsehen. Réthy wies die Zuschauer zehn Minuten später darauf hin: „Darin sieht das deutsche Spiel aber auch nicht besser aus.“ Das hatte dann doch fast noch was von Marcel Reif. Markus Ehrenberg

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