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PORTRÄT BEN BERNANKE CHEF DER US-NOTENBANK:: „Wir drücken aufs Gaspedal der Wirtschaft“

Er habe „eine zweite große Depression abgewendet“, sagte Präsident Obama - und nominierte den US-Notenbankchef für eine zweite Amtszeit

In normalen Zeiten hätte ein demokratischer Präsident den Moment genutzt, um seinen eigenen Kandidaten an die Spitze der US-Notenbank zu bringen. Am 31. Januar 2010 endet der Vier- Jahres-Vertrag von Ben Bernanke, den der Republikaner George W. Bush berufen hatte.

Doch dies sind keine normalen Zeiten. Vor wenigen Monaten standen die USA noch am Ende einer zweiten „Great Depression“. Auch wenn viele Ökonomen in diesen Tagen aus den Wirtschaftsdaten ableiten, das Ende des Abschwungs sei absehbar, bedeutet es nicht, dass die größte Volkswirtschaft der Erde wieder sicheren Boden erreicht hat. Es heißt nur, dass sie allmählich auf einen bescheidenen Wachstumspfad zurückkehrt. Die Arbeitslosigkeit wird vorerst weiter steigen. Die Verschuldung ist hoch. Die Gefahr von Rückschlägen in einzelnen Sektoren ist nicht gebannt.

In dieser labilen Lage setzt Obama auf Kontinuität. Offiziell macht er Urlaub auf der Insel Martha’s Vineyard. Am Dienstag nutzte er die nachrichtenarme Zeit, um in der Schule von Oak Bluffs, die als provisorisches Urlaubspressezentrum des Weißen Hauses herhält, mit Bernanke vor die Kameras zu treten und ihn für eine weitere Amtszeit vorzuschlagen. Mit „unkonventionellen Methoden“ habe der Fed-Chef „eine zweite große Depression abgewendet“, sagte Obama. Der Kongress muss Bernanke bestätigen, aber mit scharfer Opposition der Republikaner braucht der 58-Jährige nicht zu rechnen. Eher ist Unmut bei einigen Demokraten zu erwarten.

Bernankes Bilanz hat zwei Seiten. In seinen Jahren als Professor in Princeton hatte er intensiv über die Ursachen der großen Depression in den 30er Jahren geforscht. Damals habe der Staat zu wenig getan und so eine jahrelang anhaltende Rezession mitverschuldet. Diese Lehren bildeten die Basis für die Reaktion erst der Bush- und dann der Obama-Regierung, als unzureichend abgesicherte Immobilienkredite 2008 eine globale Bankenkrise auslösten. Gemessen an den Befürchtungen damals ist sie bisher glimpflich ausgegangen. Das sei Bernanke zu verdanken, heißt es in den USA.

Seine Kritiker halten ihm vor, die Risiken, die sich aus dem weltweiten Weiterverkauf fauler Immobilienkredite ergaben, zu spät erkannt zu haben. Und durch seine Politik nahezu zinsloser Kredite und hoher staatlicher Verschuldung drohten hohe Inflation und eine neue Spekulationsblase. Christoph von Marschall

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