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Porträt: Benjamin Netanjahu: „Es gibt eine Regierung“

Kaum hat Benjamin Netanjahu seine Regierung beisammen, wird deren Dauerhaftigkeit bereits in Frage gestellt. Netanjahu, der Dauerläufer der israelischen Politik, muss sich behaupten - und zugleich auf der Hut sein, nicht von Jair Lapid und Naftali Bennett zerrieben zu werden.

Diese Koalition hat es in sich. Vor allem birgt sie jede Menge politischen Sprengstoff. Deshalb darf man schon jetzt mit Fug und Recht fragen, ob Israels Regierung überhaupt von Dauer sein kann. Denn offenkundig Unvereinbares soll allein um der Macht willen passend gemacht werden: ein Liberaler, ein Rechtsausleger und zwischen beiden ein angeschlagener Premier.

Benjamin Netanjahu, dem Dauerläufer der israelischen Politik, stehen harte Zeiten bevor. Und wenn der 63-Jährige nicht aufpasst, wird er zwischen Shootingstar Jair Lapid und dem smarten wie gewieften Naftali Bennett zerrieben. Zumindest sind beide gemeinsam in der Lage, „Bibi“ mit ihren Forderungen zum Beispiel nach einer Wehrpflicht für Strengreligiöse und einem weiteren Ausbau der Siedlungen vor sich herzutreiben. Von der Uneinigkeit über mögliche Friedensgespräche mit den Palästinenser ganz zu schweigen. Lapid und Bennett können sich großspuriges Auftreten leisten. Sie und ihre Parteien sind die eigentlichen Wahlsieger, nicht Netanjahus Likud.

Dem alten und neuen Premier droht zudem von außen viel Ungemach. Die religiösen Parteien waren seit gefühlt einer Ewigkeit im Kabinett vertreten. Das ist zwar Vergangenheit, aber sie sind im Parlament immer noch eine Größe und verstehen es, ihre Anhänger zu mobilisieren. Gleiches gilt für die Siedler, die nach Bennetts Wahlerfolg Oberwasser hatten. So droht Netanjahu neben Koalitionsknatsch ein Machtkampf auf der Straße. Wahrlich keine schönen Aussichten für einen Mann, der viel vom Aussitzen hält, aber wenig strategisches Geschick besitzt.

Wäre das allein nicht schon Ärger genug, kommt nun auch noch Barack Obama in der kommenden Woche zu einem offiziellen Besuch nach Israel. Premier und US-Präsident verbindet eine aus tiefstem Herzen kommende Abneigung. Die Gespräche in Jerusalem dürften also alles andere als harmonisch verlaufen. Siedlungsbau, Irans Streben nach Atomwaffen, der dahinsiechende Friedensprozess – bei keinem dieser innen- wie außenpolitisch brisanten Themen besteht Einigkeit. Doch Israel kann es sich kaum leisten, den wichtigsten Verbündeten weiterhin zu verprellen. Netanjahu muss sich also kompromissbereit zeigen. Das fällt dem Dickkopf allerdings schwer. Um Netanjahu scheint es sich also zusammenzuziehen.

Allerdings: Niemand sollte „Bibi“ unterschätzen. Denn wenn ihn etwas auszeichnet, dann ist es sein langer Atem.

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