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PORTRÄT BERTIE AHERN IRLANDS NEUALTER PREMIER:: „Eine großartige Nacht für die Parteimaschine“

Bertie Ahern hat eben seine dritte Parlamentswahl gewonnen und schickt sich an, eine Koalition für eine dritte, fünfjährige Legislaturperiode zu zimmern. Sein Mentor, der irische Premierminister Charles Haughey, nannte ihn einmal „den Besten, den Geschicktesten, den Hinterhältigsten und Verschlagensten“ seiner Jünger.

Bertie Ahern hat eben seine dritte Parlamentswahl gewonnen und schickt sich an, eine Koalition für eine dritte, fünfjährige Legislaturperiode zu zimmern. Sein Mentor, der irische Premierminister Charles Haughey, nannte ihn einmal „den Besten, den Geschicktesten, den Hinterhältigsten und Verschlagensten“ seiner Jünger. Haughey selbst, so erwies sich später, war bestimmt der korrupteste aller irischen Politiker seit der Staatsgründung. Ahern amtierte damals als Schatzmeister seiner Fianna-Fáil-Partei und unterschrieb Blankoschecks für die exorbitanten Luxuswünsche seines Chefs. Als die Schieberei aufflog, blickte Bertie, der damals mit Vorliebe Windjacken trug, treuherzig in die Kameralinsen und beteuerte seine Unschuld. Ahern blieb ungeschoren, obwohl er gelernter Steuerprüfer ist. Kein Wunder also, dass ihn seine Gegner „Teflon-Taoiseach“ nennen. Taoiseach (Häuptling) ist die Amtsbezeichnung des irischen Regierungschefs.

Der 55-Jährige trägt heute keine Windjacken mehr, sondern Anzüge und beschäftigt rund um die Uhr eine Maskenbildnerin, die ihm die flammend rote Nase pudert. Aber sonst ist er ein bescheidener Mann, der nur für seine Arbeit lebt. Abends genehmigt er sich gern ein Glas englisches Starkbier in Fagan’s Kneipe an der Drumcondra Road, gleich gegenüber seinem Wahlkreisbüro. Sonntags sitzt er gelegentlich auf der Tribüne des Sportstadions. Er kommt aus dem Norden Dublins aus einfachen Verhältnissen, was sein breiter Akzent und seine Vorliebe für eigenwillige grammatikalische Konstruktionen bis heute verraten. Aber Ahern hat dieses Erbe zur Waffe gemacht. Er baut sprachliche Fallstricke in seine Aussagen, die Zweideutigkeit liegt ihm im Blut. Am Schluss weiß niemand, was er wirklich gesagt hat.

Diese Wendigkeit passt bestens zu seiner Fianna-Fáil-Partei, die mühelos mit Linken und Rechten paktiert, weil sie selbst kaum programmatische Überzeugungen hat, wohl aber machtpolitische Instinkte. Es hieß einst, nur die katholische Kirche und der gälische Sportverband verfügten in Irland über ein derart flächendeckendes Organisationsnetz. Inzwischen kann die Kirche wohl nicht mehr mithalten. Die Partei, die von den Verlierern des irischen Bürgerkriegs von 1922/23 gegründet wurde, durchdringt alle Lebensbereiche. Die irische Labour bleibt hingegen eine Nischenpartei, weil Fianna Fáil sich noch immer als Fürsprecherin des kleinen Mannes gebärdet, obwohl der höchste Einkommenssteuersatz bei 41 Prozent und die Mehrwertsteuer bei 21 Prozent stehen. Und so war nur ehrlich, dass Ahern in der Wahlnacht seinen Sieg nicht etwa seinem politischen Programm zuschrieb, sondern seiner Parteimaschinerie.

Der leutselige Bertie ist der geborene Unterhändler, der Ansatzpunkte für einen Kompromiss förmlich riecht. Das lernte er als Arbeitsminister, übte er zehn Jahre lang im nordirischen Friedensprozess und perfektionierte er beim Ringen um die EU-Verfassung. Unermüdlich und zäh beschwichtigt er Streithähne, bis sie ermattet einlenken. Nur im Privatleben scheinen diese Talente zu versagen. Seine Ehe scheiterte, die nächste Beziehung ging ebenfalls in die Brüche. Aber seinen beiden Töchtern bleibt er eng verbunden: Cecelia schreibt erfolgreich „chick-lit“-Romanzen, Georgina hat ihren Vater zum Auftakt des Wahlkampfes erstmals zum Opa gemacht. Nicht nur seine Kritiker argwöhnten, er habe das schlau geplant – was einiges über seinen Ruf aussagt. Martin Alioth

Martin Alioth

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