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Porträt: „Eine Bande im Kreml plündert Russland aus“

Alexei Nawalny ist Russlands bekanntester regierungskritischer Blogger. Nun wurde sein Blog vorübergehend lahm gelegt. Sicherheitsexperten vermuten hinter der Attacke den russischen Geheimdienst.

Klare Worte. Gemeint sind die Ex-Tschekisten aus Putins Petersburger Landsmannschaft, die er mit gut dotierten Posten in Aufsichtsräten staatsnaher Konzerne versorgte, um sich ihre Loyalität zu sichern. Es gibt viele in Russland, die über Korruption klagen oder lästern. Wenige tun etwas dagegen. Einer davon ist Alexei Nawalny, Russlands bekanntester Blogger.

Im Herbst veröffentlichte Nawalny interne Dokumente des staatlichen Pipeline-Betreibers Transneft, aus denen hervorging, dass beim Bau einer Ölpipeline nach China Milliarden Dollar veruntreut worden waren. Der Blogger bezeichnete Putins Hausmacht „Einiges Russland“ als eine „Partei der Gauner und Diebe“. Über eine Millionen Leser klickten daraufhin Nawalnys Netztagebuch an.

Doch Nawalny, jung, dynamisch, etwas übergewichtig, aber sehr selbstbewusst, führt nicht nur Verbalattacken gegen die Korruption. Ebenso virtuos wie die Klinge des Wortes handhabt der überzeugte Kämpfer für freien Waffenbesitz auch die des Gesetzes. 2007 machte er sich zum Sachwalter der Interessen hunderter geprellter Kleinanleger. Der Kleinanleger und studierte Jurist war erbost darüber, dass russische Konzerne keine Dividende ausschütteten, als die Weltmarktpreise für Öl und Gas ihr Allzeithoch erreichten. Freunde gewann er damit nicht, ebenso wenig mit seinem neuesten Projekt: Ermittlungen zum Verbleib von Mitteln aus dem Staatshaushalt.

Der Kreml ist ohnehin erbost darüber, dass sich Russland im Jahresbericht der Antikorruptionsaktivisten von „Transparency International“ auf Listenplatz 154 wiederfand, in Gesellschaft schwarzafrikanischer Bananenrepubliken. Die Schmach, die Nawalny der Regierung antat, wollte man offenbar nicht länger hinnehmen und schlug im Netz zurück. Kürzlich legten Hacker „Livejournal“ lahm, die Plattform, auf der Nawalnys Blog liegt. Nur, weil auch Präsident Medwedew dort einen Blog hat, der über eine Stunde nicht aufgerufen werden konnte, fand der Spuk vorerst wieder ein Ende.

Nicht nur Nawalny, auch Hersteller von Software, die sich auf die Bekämpfung von Angriffen aus dem Internet spezialisiert haben, vermuten darin die Generalprobe für die Kontrolle über das Internet. Russlands Geheimdienste haben darüber bereits laut nachgedacht. Denn soziale Netzwerke wie „Livejournal“ sind eine ernste Bedrohung für autokratische Regime – siehe Nordafrika.

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