zum Hauptinhalt

PORTRÄT FETHULLAH GÜLEN ISLAMISCHER PREDIGER:: „Nicht ohne Erlaubnis Israels“

Als Recep Tayyip Erdogan nach einer Darmoperation Ende November für einige Zeit aus dem Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit verschwand, um sich auszuruhen, erreichten den türkischen Ministerpräsidenten viele Genesungswünsche. Nur ein wichtiger Akteur ließ nichts von sich hören.

Als Recep Tayyip Erdogan nach einer Darmoperation Ende November für einige Zeit aus dem Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit verschwand, um sich auszuruhen, erreichten den türkischen Ministerpräsidenten viele Genesungswünsche. Nur ein wichtiger Akteur ließ nichts von sich hören. Fethullah Gülen, Chef einer mächtigen islamischen Bewegung, schwieg zu Erdogans Krankheit. „Es sieht nach einer Spaltung aus“, kommentierte die Erdogan-nahe Zeitung „Yeni Safak“. Gerät hier ein wichtiger Pfeiler der Macht Erdogans ins Wanken?

Der heute 71-jährige Prediger Gülen war mit seinem Antikommunismus bis in die 90er Jahre hinein der Lieblingsmuslim der säkularen Militärs. Dann geriet Gülen in Verdacht, er strebe die islamistische Machtergreifung an. Er wies die Vorwürfe zurück, wurde aber trotzdem angeklagt und floh in die USA, wo er bis heute lebt.

Gülens Bewegung lehnt Gewalt ab und wirbt für das Miteinander von Islam und Moderne. In der Türkei betreiben die „Gülencis“, wie Gülens Anhänger genannt werden, Universitäten, Schulen und Medien, politisch stehen sie eigentlich Erdogans AKP nahe. Gegner der AKP behaupten, die „Gülencis“ hätten unter dem Schutz der AKP Institutionen wie die Polizei unterwandert. Doch bei aller Nähe zwischen AKP und „Gülencis“ gibt es auch Differenzen – und die nehmen offenbar derzeit zu.

Erdogan selbst ist jedenfalls kein Gefolgsmann von Gülen. Mit Rücksicht auf die Wählerstimmen von Millionen von Fußballfans senkte die Regierung kürzlich die Strafen für Bestechungsfälle im Sport. Ab Februar müssen sich fast hundert Vertreter der bekanntesten Fußballklubs des Landes wegen Spielabsprachen vor Gericht verantworten. Das Geschenk für die prominenten Angeklagten wurde von der Gülen-Presse scharf kritisiert.

Streit gab es auch um die Israel-Politik Erdogans. Als israelische Soldaten im vergangenen Jahr neun türkische Mitglieder der Gaza-Flottille erschossen, erklärte Gülen, es sei ein Fehler gewesen, die Schiffe ohne Erlaubnis Israels auf die Reise zu schicken.

Dennoch werden die „Gülencis“ und die AKP weiter kooperieren, nehmen die meisten Beobachter an: Die AKP bleibe für die Gülen-Bewegung unverzichtbar. In den kommenden Jahren könnte es allerdings neue Spannungen geben. Erdogan will sich 2014 zum Staatspräsidenten wählen lassen und wird bis dahin mit Blick auf die Wähler vielleicht noch so manche Entscheidung treffen, die andernorts nicht gefällt.Thomas Seibert

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false