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© dpa

PORTRÄT FRITZ KUHN, FRAKTIONSCHEF DER GRÜNEN:: "Man kann gewinnen, man kann verlieren"

Fritz Kuhn hatte zwar noch nie das Herz seiner Partei gewärmt, war aber auch wegen seines scharfen Verstandes geachtet. Es war dann ein ganzes Bündel von Gründen, das zu der Strafaktion von Erfurt führte.

Von Hans Monath

Es war ein bitterer Moment für Fritz Kuhn: Der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion saß am Samstagabend in der ersten Reihe in der Messehalle in Erfurt und suchte Zuflucht in der Beschäftigung mit seinem I-Phone. Eben hatten die Delegierten des Parteitags den Realpolitiker abgestraft, indem sie ihm die Wahl in den Parteirat verweigerten. Dem Beratungsgremium der grünen Parteispitze hatte Kuhn lange Jahre angehört. Selbst eine kämpferische Rede hatte das Blatt nicht mehr wenden können: Am Schluss fehlten sechs Stimmen.

Schon im Vorfeld des Parteitags hatte sich viel Unmut gegen die Zentralfigur des realpolitischen Flügels in der Ökopartei angesammelt. Der hatte zwar noch nie das Herz seiner Partei gewärmt, war aber auch wegen seines scharfen Verstandes geachtet. Es war dann ein ganzes Bündel von Gründen, das zu der Strafaktion von Erfurt führte. Denn die Wahl in den Parteirat gibt auch Aufschluss darüber, wer etwas gilt im politischen Kosmos der Oppositionspartei.

Beim linken Parteiflügel war der 53-Jährige noch nie wohlgelitten: Der langjährige Vertraute von Außenminister Joschka Fischer („Fischers Fritz“) galt vielen als „Neoliberaler“, der mit den Wirtschaftsexperten der Fraktion zu viel auf Deregulierung setzte. Weil nach der Finanzmarktkrise nun viele eine starke Rolle des Staates gegenüber der Finanzwelt fordern, fühlte sich die Parteilinke nun bestätigt in ihrer Kritik.

Den Ausschlag gegen Kuhn gab aber die Tatsache, dass die Realpolitiker der Grünen untereinander zerstritten sind und seit Monaten kaum einen Erfolg vorweisen können. „Die kämpfen ja nicht einmal mehr“, spottete in Erfurt ein Parteilinker. Viele Realpolitiker waren wütend auf Kuhn, weil der angeblich an einer Niederlage des jetzigen Parteichefs Özdemir schuld war: Ein baden-württembergischer Landesparteitag hatte Özdemir einen Listenplatz für die Bundestagswahl verweigert. Kuhn, so seine Gegner, hätte Özdemir einen Erfolg ermöglichen müssen.

Erst am Tag nach dem Schock wollte Kuhn den Rückschlag kommentieren. „Es gehört für mich dazu, dass man Niederlagen akzeptieren muss“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Man kann gewinnen, man kann verlieren.“ Er habe aber weiter das Vertrauen seiner Fraktion. Doch viele Grüne werden künftig noch misstrauischer beobachten, ob sich Kuhn an die politischen Linien hält, die seine Partei ihm setzt. Hans Monath

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