zum Hauptinhalt
Giorgio Napolitano

© Johna MacDougall/AFP

Porträt Giorgio Napolitano: Ermahnungen vom Hügel

Italiens Staatspräsident hat die Regierung Monti durchgesetzt. Doch jetzt trennen sich die Wege. Der "technische" Premier will ein richtiger Politiker werden.

Ein Jahr lang zogen sie an einem Strang – der „Techniker" Monti war schließlich das Geschöpf des alten Herrn auf dem Quirinalshügel in Rom. Doch damit ist es wohl vorbei. Das lange Gespräch des italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano mit Ministerpräsident Mario Monti am Sonntag, heißt es, hat einen Bruch markiert. Monti nämlich hat laut überlegt, zum richtigen Politiker zu werden und im Frühjahr bei der vorgezogenen Neuwahl zu kandidieren. Napolitano aber ist strikt dagegen.

Zwar hat der „Presidente della Repubblica“ in Italien wie in Deutschland vor allem repräsentative Aufgaben. Dennoch ist ein „monito del colle“, eine Ermahnung von den Höhen des Quirinalspalasts herab, den das Land seit je ausnahmslos mit über 75-jährigen Herren besetzt, den Zeitungen fast immer einen Aufmacher wert. Seit einem Jahr mit mehr Recht denn je. Da wurde der inzwischen 86-jährige Napolitano, sechs Jahre zuvor ins Amt gewählt, zum eigentlichen Krisenmanager des Landes. Erst setzte es Mahnungen, dann zauberte Napolitano nach Berlusconis Rücktritt den parteilosen Mario Monti aus dem Hut.

Napolitano ist ein alter Fuchs und hat offenbar nichts vergessen: Seit 1953 saß er im Parlament, seit den 60er Jahren im Vorstand der Kommunistischen Partei, deren Sozialdemokratisierung er von Anfang an betrieb. Als erster Exkommunist wurde er 2005 Staatspräsident und hat heute in Italien, dessen Politbetrieb dramatisch wenig Vertrauen genießt, Zustimmungswerte von mehr als 90 Prozent.

Insofern war es wohl wieder eine der Mahnungen von Gewicht, als Napolitano am Montag „Verbitterung“ über Italiens Politik äußerte und eine Fortsetzung der Sparpolitik seines Zöglings Monti verlangte. Dafür stünde ihm ausgerechnet ein Kandidat Monti im Wege. Der alte Fuchs dürfte die Lage realistischer sehen: Berlusconis wiederholtes Angebot, sich zugunsten Montis zurückzuziehen, würde in erster Linie dem Cavaliere selbst nutzen: Er hätte das Problem gelöst, dass selbst die eigenen Leute ihn nicht mehr für gesellschaftsfähig halten. In einer Rechten, die andererseits über Monti gespalten wäre, könnte er Zünglein an der Waage spielen. Das aber will Napolitano unbedingt verhindern. Und das hat wenig mit den aktuell sehr guten Wahlaussichten des Mitte-links-Lagers zu tun, aus dem er stammt: Gelernte Eurokommunisten waren in Italien noch immer die besten Verteidiger der Staatsräson.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false