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PORTRÄT GORKI AGUILA, KUBANISCHER PUNKROCKER: "Verpiss dich, Kommandant"

Er lässt in seiner Musik kein gutes Haar an Fidel Castro, und er bedient sich klarer Worte. Es ist diese Verwegenheit, die Gorki Aguila zum berühmtesten Rockmusiker Kubas gemacht hat.

Am Ende kam Gorki Aguila glimpflich davon. Ein Gericht in Havanna verurteilte ihn nach vier Tagen Haft zu einer Strafe von 600 Pesos, rund 20 Euro. Grund: zu lautes Singen.

Angeklagt worden war er aber wegen „Sozialer Gefährlichkeit“ – ein Delikt, das in Kuba gerne benutzt wird, um Dissidenten mundtot zu machen, Höchststrafe vier Jahre Gefängnis. Bei seiner Freilassung zeigte sich der 39-Jährige jedoch alles andere als eingeschüchtert: „Ich werde aus einem kleinen Knast in einen großen entlassen. Ich hasse die Tyrannei jetzt noch mehr.“ Es ist diese Verwegenheit, die Gorki Aguila zum berühmtesten Rockmusiker Kubas gemacht hat. Sogar die US-Regierung forderte seine Freilassung.

Allerdings darf bezweifelt werden, ob man sich im prüden Washington die Webseite von Aguilas Band angeschaut hatte (www.pornopararicardo.com). Die vierköpfige Combo ist nach einem Freund benannt, der auf Pornografie steht. Das Bandsymbol erinnert an Hammer und Sichel, bei näherem Hinsehen ist es aber ein Penis (Hammer), der in eine Vagina (Sichel) eindringt. Aguila, dessen Vorname eine Hommage an den russischen Dichter Maxim Gorki ist, trägt ein Nietenhalsband und einen gigantischen Haarschopf. Auf der Homepage stellt er sich als „Erster Sekretär für Gitarre und Gesang“ mit einigen sexuellen Vorlieben vor, die hier nicht wiederholt werden können. Die Musik der Band, die Teil der kubanischen Independentbewegung der neunziger Jahre ist, scheppert und rumpelt.

Punkrock eben. Die Texte aber haben es in sich. In dem Ska-Stück „Comandante“ (gemeint ist Fidel Castro) heißt es: „Der Kommandant will, dass ich seiner delirierenden Scheiße zuhöre. Verpiss dich Kommandant.“ Wegen dieser Ungeheuerlichkeiten saß Aguila schon einmal im Gefängnis. 2003 wurde er wegen angeblichem Drogenbesitz zu zwei Jahren Haft verurteilt. Seit seiner Freilassung hat er Auftrittsverbot. Trotzig meint Aguila, der sich mit seinem 75-jährigen Vater eine kleine Wohnung teilt: „Wir werden uns der kommunistischen Scheiße nicht beugen.“ Dass er solche Dinge sagen und verbreiten kann, hat allerdings auch mit der Liberalisierung Kubas unter Fidels Bruder Raul zu tun.

Nun sonnen sich allerlei falsche Freunde in Aguilas Ruhm. Von rechtsgerichteten Exilkubanern wird er als Held gefeiert – obwohl diese den notorischen Unruhestifter unter anderen Umständen wohl selbst ins Gefängnis stecken würden. Philipp Lichterbeck

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