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PORTRÄT KARL-THEODOR ZU GUTTENBERG ANGESEHENER STAATSMANN: „Der Blick von Amerika aus gefällt mir“

Er geht den Medien aus dem Weg, sehr zur Enttäuschung der vielen deutschen Journalisten, die extra ins kanadische Halifax gekommen sind, um den ersten internationalen Auftritt des Ex-Verteidigungsministers seit dem Rücktritt im März zu beobachten. Wer nicht seit Jahren als Teilnehmer zur bedeutendsten Sicherheitskonferenz in Nordamerika eingeladen ist, hat keinen Zutritt zum Saal und muss mit der Videoübertragung ins Pressezentrum vorliebnehmen.

Er geht den Medien aus dem Weg, sehr zur Enttäuschung der vielen deutschen Journalisten, die extra ins kanadische Halifax gekommen sind, um den ersten internationalen Auftritt des Ex-Verteidigungsministers seit dem Rücktritt im März zu beobachten. Wer nicht seit Jahren als Teilnehmer zur bedeutendsten Sicherheitskonferenz in Nordamerika eingeladen ist, hat keinen Zutritt zum Saal und muss mit der Videoübertragung ins Pressezentrum vorliebnehmen.

Karl-Theodor zu Guttenberg sieht kurz vor seinem 40. Geburtstag jünger, frecher, privater aus. Die Brille hat er abgelegt, die Haare sind nicht mehr nach hinten gegelt, die Spitzen des kurzen Seitenscheitels hat er nach oben gezupft – was entfernt an Lothar Matthäus erinnert. Unter dem dunklen Anzug trägt er Kurzstiefel aus dunklem Wildleder. Von der Gewichtszunahme, die andere via Videoleinwand ausgemacht haben, ist wenig zu sehen, wenn man direkt neben ihm steht und plaudert.

Er ist jetzt Privatier, lebt mit Frau und zwei Töchtern in Connecticut, gehört als „angesehener Staatsmann“ dem Center for Strategic and International Studies (CSIS) an, einer renommierten Denkfabrik in Washington – und darf nun freier reden, ohne allzu viel Rücksicht auf die Bundesregierung oder deutsche Interessen zu nehmen. „Ich bin sehr pessimistisch“, sagt er über den Euro. „Wir haben es mit einer Verständniskrise und einer Führungskrise zu tun.“ Europas Politikern gelinge es nicht, die Menschen emotional für Gemeinschaftsgefühl und Solidarität zu gewinnen. Auch von der Libyen-Entscheidung distanziert er sich unüberhörbar. „Als ehemaliger Minister muss ich mich diplomatisch ausdrücken. Meine wirklichen Gefühle sehen anders aus.“

Nicht nur auf dem Podium ist er als Deutschland-Erklärer gefragt. Israels Verteidigungsminister Ehud Barak und andere bitten ihn zum Vier-Augen-Gespräch. Es gefalle ihm, von Amerika auf Berlin zu schauen, sagt Guttenberg. Auch die USA betrachtet er mit Distanz und kritisiert die Ankündigung, den Blick von Europa nach Asien zu wenden. Nur bei der Frage nach seinen persönlichen Plänen bleibt er auch gegenüber Menschen, denen er früher vertraut hat, verschlossen. Nutzt er die Zeit in den USA, um eine neue Doktorarbeit zu schreiben – nach Meinung vieler Beobachter die überzeugendste Antwort auf die Plagiatsaffäre? Da schwindet das Lächeln, und er bittet, ihm ein bisschen Zeit zu lassen. Christoph von Marschall

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