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PORTRÄT MARCUS W. BRAUCHLI „WASHINGTON POST“:: „Chefredakteure sind im Wandel nicht allein“

Ihre Bedeutung übersteigt ihre Auflage noch beträchtlich. Mit 673.000 verkauften Exemplaren (800.000 waren es im Jahr 2000) ist die „Washington Post“ Nummer sieben auf dem US–Zeitungsmarkt. Aber in der Politik kommt niemand an ihr vorbei.

Nach dem Aufstieg des Internets und vielfältiger technischer Revolution folgt nun der Generationswechsel. Der legendäre Leonard Downie, 66, tritt nach 17 Jahren ab, in denen er die Zeitung zu vielen Pulitzer-Preisen führte. Verlegerin Katharine Weymouth, 42, die selbst erst kürzlich ins Amt kam, hat den 47-jährigen Marcus Brauchli als neuen Chefredakteur ausgewählt. 24 Jahre arbeitete er für das „Wall Street Journal“, seit Mai 2007 als Chefredakteur. Doch nach dem Verkauf des angesehenen Wirtschaftsblatts an Medienzar Rupert Murdoch schied er aus, weil er die zu erwartenden Veränderungen nicht mittragen wollte.

Langer Beifall empfing ihn bei der Vorstellung in der Redaktion, in seiner dreiminütigen Ansprache ermunterte er den Willen zum Wandel. „Der Chefredakteur steht nicht allein … Uns allen wird Veränderung abverlangt.“ Er wird auch die Online-Ausgabe der „Post“ leiten, mit inzwischen neun Millionen Nutzern im Monat.

Die Zeitungsauflagen in den USA sinken um drei Prozent jährlich, die Anzeigenerlöse im Printbereich gar um zehn Prozent. Vielerorts werden kostenlose Blätter mit politischer Basisinformation angeboten. Die meisten Verlage suchen noch nach Wegen, um den Einnahmeschwund im traditionellen Geschäft im Internet auszugleichen. Dort findet die jüngere Generation ihre Information, dort wurden wichtige Scoops im Wahljahr zuerst veröffentlicht, dort werben Präsidentschaftskandidaten den Großteil der Spenden ein. Doch die Verlage generieren nicht im selben Maß Einnahmen aus dem Internet, in dem sie Printanzeigen verlieren. Suchmaschinen wie Google sind bei der Finanzierung aus Online-Werbung erfolgreicher als Zeitungen. Ein über Jahrzehnte erfolgreiches Geschäftsmodell gehe zugrunde, klagen Print-Experten.

Die zunehmende Kooperation von Zeitungen mit Fernsehen und Radio ist auch eine Antwort. Die „Post“ kooperiert mit dem Sender ABC, dem Magazin „Newsweek“ und hat gemeinsame Internetauftritte mit „Newsweek“ und dem Kabelkanal MSNBC. Als Konzern sei die „Post“ weniger bedroht als andere, analysiert die „New York Times“, denn der Verlag operiere gewinnbringend im Bildungswesen.

Christoph von Marschall

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