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Frank Wisner scheint es egal zu sein, wem er auf die Füße tritt. Seine Mission ist es, den Übergang in Ägypten so ruhig wie möglich über die Bühne zu bekommen.

© dpa

Porträt: „Mubarak hat jetzt die Schlüsselrolle“

Frank Wisner gehört zu den Urgesteinen der US-Diplomatie. Derzeit zieht er als US-Vermittler in Ägypten die Fäden. Dabei geht er nicht immer diplomatisch vor, sondern macht sich auch mal unbeliebt - zum Beispiel bei Außenministerin Clinton.

Er ist eine Figur wie aus den Spionagefilmen des Kalten Krieges: bulliges Gesicht, breiter Brustkorb, Vorliebe für Martinis; den Hang zu Zigarren hat er aufgegeben. Frank G. Wisner hat die USA aus mancher Bredouille befreit. Er war Amerikas Chefunterhändler in den Gesprächen um die Unabhängigkeit des Kosovo. Den Irakkrieg sah er mit Skepsis. Der 72-Jährige gehört einer Generation von Realpolitikern unter US-Spitzendiplomaten an, die an vielen Orten gesehen haben, dass die Trennungslinien zwischen Gut und Böse, Fortschritt und Rückfall fließend sind: Algerien, Vietnam, die Philippinen und Indien gehören zu seinen Stationen.

Von 1986 bis 1991 war er Botschafter in Kairo. Er spricht Arabisch. Was lag näher für die Regierung von Barack Obama, als so einen Mann nach Kairo zu schicken, um Einfluss auf Hosni Mubarak zu nehmen? Wisner hat ein enges persönliches Verhältnis zu ihm aufgebaut und war nach der Pensionierung geschäftlich in Ägypten aktiv.

Doch nun hat sich Wisner unbeliebt gemacht. Als die Münchner Sicherheitskonferenz über Ägypten diskutierte, war er per Video zugeschaltet und empfahl einen Kurs, den Außenministerin Hillary Clinton als zu realpolitisch empfand. Mubarak habe jetzt die Schlüsselrolle und werde „Ägypten durch die Übergangsphase führen“, sagte Wisner. Man solle „respektvoll mit ihm umgehen“. Anders als in Tunesien habe Ägypten eine funktionierende Regierung, das Militär erhalte die Ordnung aufrecht, es gäbe kein Chaos. Mubarak werde nicht wieder antreten, sei jedoch wichtig für einen „geordneten Übergang“. Man müsse „wieder festen Boden unter die Füße bekommen“. Viel könne schiefgehen auf dem Weg zu freien Wahlen im September. Clinton befand wenig später, das sei „die private Meinung“ Wisners. Er sei kein offizieller Botschafter der USA.

Die westlichen Regierungen müssen in diesen Tagen einen Spagat leisten: Sie bevorzugen einen vorsichtigen, stabilitätssuchenden Kurs, müssen ihn aber in Einklang bringen mit den großen Sympathien für die Demonstranten in ihren Gesellschaften. So ist Wisner auch ein Beispiel, wie moderne Kommunikation die internationale Politik verändert. Sein Vater war bei der CIA und in antikommunistische Einsätze in, zum Beispiel, Guatemala verwickelt, die erst Jahre später ans Licht kamen. Er selbst könnte seine Vermittlerrolle in Ägypten wegen einer allzu ehrlichen öffentlichen Lageanalyse verlieren.

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