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Porträt Nikolaus Schneider: „Da hilft nur ein ruhiges Herz“

Nikolaus Schneider ist der neue EKD-Ratsvorsitzende. Er hat nach dem Rücktritt von MArgot Käßmann moderiert und argumentiert, er hat zugehört und nach dem Verbindenden gesucht.

So eine Probezeit wünscht man sich nicht: Nach dem Rücktritt von Margot Käßmann im Februar musste Nikolaus Schneider, ihr Stellvertreter, das Ruder in die Hand nehmen. Gräben hätten sich auftun können, Machtkämpfe das Ansehen der Kirche ruinieren. Nikolaus Schneider hat moderiert und argumentiert, er hat zugehört und nach dem Verbindenden gesucht, er hat Rücken gestärkt und sich selbst zurückgenommen. Das hat er als Präses der rheinischen Landeskirche trainiert – mit knapp drei Millionen Protestanten die zweitgrößte. Dass die Krise nicht ausgeufert ist, ist sein Verdienst. Er hat Ruhe in den Laden gebracht. Außenstehende mögen das bedauern, in der Kirche empfinden das viele als wohltuend. Endlich kein vorwärtstreibender Wolfgang Huber mehr an der Spitze, endlich kein Popstar Margot mehr. Endlich wieder einer, der so ist wie die meisten: freundlich, ehrlich und verbindlich, protestantisch normal eben.

„Es ist gut, dass die Probezeit zu Ende ist“, sagte Nikolaus Schneider am Dienstag, und darin schwang ausnahmsweise etwas Stolz mit. Denn dass Schneider einmal an der Spitze von 25 Millionen Protestanten stehen wird, war nicht abzusehen, als er vor 63 Jahren in Duisburg als Sohn eines Stahlarbeiters auf die Welt kam. Sein Herz schlägt links, klarer Fall. Mit Stahlkochern hat er gegen die Schließung der Werke demonstriert, durch sozialkritische Einlassungen hat er sich über das Rheinland hinaus einen Namen gemacht. Die Zukunft der Kirche hänge aber nicht von seiner Sozialkritik ab, sagt Schneider. In der Zukunft hänge viel davon ab, ob man den Menschen klarmachen könne, wie gut es sich anfühle, wenn einem Gott nahe ist. „Wenn sich eine Gesellschaft so verändert wie unsere, im ,Veränderungsstress‘, hilft nur eins: ein ruhiges und gewisses Herz. Dann wird der Kopf frei, dann wächst einem auch Mut zu.“ Das ist nicht nur so dahergeredet. Vor fünf Jahren haben die Schneiders die jüngste ihrer drei Töchter verloren. Sie wissen, wie es ist, wenn einen nichts mehr hält außer der Kraft des Glaubens.

Und so kann sich Nikolaus Schneider auch hineinversetzen in Eltern, die darum ringen, ein Kind zu bekommen. Bioethische Fragen will er nicht abstrakt-dogmatisch entscheiden. Bei der Präimplantationsdiagnostik will er wissen, wie es den Müttern geht. Er wolle sich mehr einmischen, versprach Nikolaus Schneider, nun, da er offiziell dazu legitimiert sei. Ein guter Vorsatz. Claudia Keller

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