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PORTRÄT: „Nur, weil es im Interesse Italiens ist“

Franco Marini ist kampferprobt und sein Verhandlungsgeschick legendär. Viele in Italien glauben, wenn einer die Reform des Wahlrechts schafft, dann er - und nur er.

Dass er einen „drückenden Auftrag“ erhalten hat, weiß Franco Marini. Italiens Senatspräsident soll die Regierungskrise beilegen. Oder besser: Marini soll im Auftrag des Staatspräsidenten den Heißhunger Silvio Berlusconis auf Neuwahlen besänftigen und die zwei politischen Lager zur Reform des Wahlrechts zusammenbringen. „Null Verhandlungsspielraum“, sagt Berlusconi. Andere sagen: wenn es eine Chance auf Verhandlungen gibt, dann ist in Italien nur Franco Marini in der Lage, sie zu sehen und zu nutzen.

Der knapp 75-Jährige ist schlachterprobt; ihn wirft so schnell nichts um. Er stammt aus einem Bergnest in den Abruzzen; die Leute dort gelten als dickköpfig – und als geschickt im täglichen Überlebenskampf mit den Elementen. Als kalt- oder wolfsblütig wird Marini beschrieben, als einer, „der mit Schalldämpfer killt“, wie es ein Weggefährte einmal sagte – und Marini meinte dazu: „Ich habe nie kapiert, ob das ein Kompliment oder eine Boshaftigkeit war.“

Marini ist Christdemokrat, und in der Schule der alten „Democrazia Cristiana“ hat er gelernt, sich geschmeidig im „Palazzo“, im Unterholz der Macht, zu bewegen. Als er Arbeitsminister wurde, 1991 im siebten Kabinett des großen Strippenziehers Giulio Andreotti, hatte Marini schon ein ganzes Berufsleben als Gewerkschafter und als Führer der christlichen Gewerkschaft CISL hinter sich.

Sein Verhandlungsgeschick und sein Sitzfleisch gelten als legendär. Zugleich kann er die Züge einer Sphinx annehmen. Zwar hatte Marini sich 1996 dem „Olivenbaum“- Bündnis von Romano Prodi angeschlossen; 1998 aber war er an dessen Sturz beteiligt. Und immer wieder, wenn Prodis jüngste Regierung wackelte, spekulierte man über eine Art großer Koalition – unter Führung Marinis. Prodi selbst hatte Ende April 2006 darauf bestanden, Marini zum Senatspräsidenten zu wählen. Das war natürlich eine Auszeichnung, die Beförderung zum protokollarisch zweiten Mann im Staat, aber zugleich der Beruhigungsversuch an einer womöglich bewegten Front.

Marini ist auch eine Art lebende Brücke: als in den neunziger Jahren die Mutterpartei zerfiel, gehörte er zu jenen Christdemokraten, die sich links von der Mitte ansiedelten – die Freundschaften indes und die Gesprächsfäden zu jenen, die rechts gelandet sind, blieben intakt. Am Donnerstag nun haben sich tatsächlich bereits zwei alte Weggefährten entschieden, für Marini und nicht für Berlusconi zu stimmen.

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