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PORTRÄT: Richard Dewes: „Die CDU ist abgewählt“

Der frühere Chef der Thüringer SPD mischt wieder mit. Richard Dewes, politischer Ziehsohn von Oskar Lafontaine, will eine große Koalition in Erfurt verhindern.

Von Matthias Schlegel

Es war 18.28 Uhr an jenem Abend der Landtagswahl vom 30. August, als ein aufgeräumter Richard Dewes vor dem Thüringer Parlamentsgebäude vorfuhr. Mit der Unbekümmertheit eines Mannes, der schnell die Reiterhose gegen den Nadelstreifenanzug tauschte und geradewegs von seinem Gut aus Bechstedt kam, gab er der Landes-SPD die Richtung vor: „Die CDU ist abgewählt. Rot-Rot-Grün ist möglich. Alle Parteien müssen sich diesem Votum stellen.“ Das war nichts weniger als eine Kampfansage.

Denn es war klar, dass nach dem Wahlergebnis, das sowohl eine rot-rote als auch eine schwarz-rote Koalition möglich machte, der alte Konflikt zwischen den beiden Widersachern Richard Dewes und SPD-Landeschef Christoph Matschie wieder aufbrechen würde. Und als Matschie nach den Sondierungsgesprächen in der vergangenen Woche ankündigte, nicht mit Linken und Grünen, sondern mit der CDU in Koalitionsverhandlungen einzutreten, war es wieder Dewes, der sich als Erster zu Wort meldete: Matschie sei „ein politischer Scharlatan“, schimpfte er.

In Matschies Umfeld heißt es, Dewes sei nur von Rachegelüsten getrieben. Tatsächlich waren es bittere Niederlagen, die der gebürtige Saarländer und politische Ziehsohn von Oskar Lafontaine in seiner Thüringer Wahlheimat hinnehmen musste: Als SPD-Landeschef hatte sich der damalige Innenminister in der CDU/SPD-Regierung Bernhard Vogels Ende der 90er Jahre offen für Koalitionen mit der PDS gezeigt. Der Tabubruch zerriss die Landespartei fast und bescherte der Union 1999 eine absolute Mehrheit. Nachdem Matschie Dewes im selben Jahr an der Parteispitze abgelöst hatte, blieb jener zunächst im Landtag, ehe er sich 2001 aus der Politik zurückzog und nur noch als Rechtsanwalt tätig war.

2007 meldete er sich überraschend zurück. Er wollte als Spitzenkandidat für die Landtagswahl antreten und löste damit nicht nur einen Führungskonflikt aus, sondern stellte die Partei erneut vor die Frage, wie sie es mit der Linken hält. Mit der Kompromissformel, dass die SPD keinen linken Ministerpräsidenten wählen werde, setzte sich wieder Matschie durch.

Jetzt mobilisiert Dewes wieder seine Truppen, zu denen er über die Jahre hinweg in einer Art Netzwerk Kontakt hielt. Bislang waren sie eine innerparteiliche Minderheit. Dass sie auf dem am Sonnabend geplanten Basistreffen das Ruder noch einmal herumreißen können, ist daher eher unwahrscheinlich. Matthias Schlegel

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