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Porträt:: Umberto Bossi: „Jetzt bin ich Schiedsrichter der Partie“

Studienabbrecher der Medizin, Maurer, Gemüsehändlersgehilfe, Amateurrocker - jetzt ist Bossi der Mann, von dem Silvio Berlusconi politisch abhängig ist

Was Umberto Bossi in der Wahlnacht meinte, wäre auf Deutsch noch deutlicher herausgekommen: „Jetzt geht alles nach meiner Pfeife.“ Silvio Berlusconi mag noch so triumphal erklären, der Sieg der Mitte- rechts-Koalition bei den italienischen Regionalwahlen sei „meiner“; Umberto Bossi rückt die Dinge zurecht. „Wir“, sagt der 68-Jährige, „wir von der Lega Nord haben einen Tsunami ausgelöst.“

Genaugenommen, werfen die Wahlforscher ein, habe Bossi leicht an Stimmen verloren. Aber weil bei den anderen Parteien fünfmal mehr Wähler abgewandert sind, hat Bossi seinen Anteil gesteigert, von 9,5 auf 12,7 Prozent seit der Parlamentswahl 2008; im selben Zeitraum ist Berlusconi von 36,6 auf 26,7 Prozent abgestürzt.

Berlusconi hat seinen bisher kleinen Koalitionspartner schon immer gehätschelt und gefürchtet zugleich. Schließlich war es der „treueste Verbündete“ Bossi, der Berlusconis erstes Regierungsexperiment 1994 nach sieben Monaten platzen ließ. Bis heute hat ausschließlich Bossi genügend parlamentarische Truppen, um den Regierungschef zu stürzen.

Bossi – Lombarde, Studienabbrecher der Medizin, Maurer, Gemüsehändlersgehilfe, Amateurrocker – hatte von Anfang an ein politisches Langfristprojekt, dem ordnete er kurzfristige Allianzen unter: Er wollte Italiens produktivste Zone, das reiche, mythisch-schwülstig verklärte „Padanien“ der Poebene aus der „schmarotzenden“ Umklammerung des Südens lösen.

Das tat er lange Zeit zwar mit ungehobeltem politischen Geschrei („Wir richten Gewehre gegen Rom!“), gleichzeitig aber baute er in geduldiger Ort-für-Ort-Arbeit die nötige Parteistruktur dafür auf. Heute ist Bossis Lega Nord die einzige wirklich von unten getragene, auf festem territorialen Fundament ruhende Partei Italiens. Bossi kann den Regierungschef erpressen: Das von Berlusconi gewünschte Präsidialsystem kommt nur, wenn Italien so föderalisiert wird, dass der Norden seinen Reichtum nicht länger mit anderen teilen muss.

Im März 2004 hat Umberto Bossi nur knapp einen Schlaganfall überlebt. An den Folgen – der Lähmung eines Arms und der verwaschenen Stimme – trägt er noch heute. Politisch sind er und seine einzigartig geschlossene Parteiführung stärker denn je. Seit den Wahlen mischt auch Sohn Renzo mit. In der Metallstadt Brescia hat der 21-Jährige so viele Erststimmen bekommen wie nur wenige in ganz Italien.

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