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Porträt von Widmer-Schlumpf: "Ich kann Kompromisse suchen"

Die Schweizer SVP-Politikerin Eveline Widmer-Schlumpf wurde unerwartet zur Ministerin gewählt - statt ihres polternden Parteichefs Blocher. Wie wird sie mit dieser Situation umgehen?

Von Andreas Oswald

In der so wunderschön langweiligen Schweiz dürfte bald die Hölle los sein. Friedliebend jubelten zwar 1500 Menschen vor dem Berner Parlament, als Eveline Widmer-Schlumpf am Donnerstagmorgen die Wahl als Ministerin der neuen Schweizer Regierung annahm. Der Empfang für diese Frau im Parlament durch ihre Parteifreunde von der rechtspopulistischen Schweizerischen Volkspartei (SVP) war jedoch eisig. Sie verstießen sie sofort aus der Fraktion.

Eveline Widmer-Schlumpf, eine als moderat geltende SVP-Politikerin, war von sozial- und christdemokratischen sowie grünen Abgeordneten ohne ihr Wissen in die Regierung gewählt worden – anstelle ihres Parteifreunds, des polternden SVP-Frontmanns Christoph Blocher.

Dass die 51-Jährige die Wahl annahm, macht sie in den Augen ihrer Partei zur Verräterin. Aber Widmer-Schlumpf lässt sich so schnell nicht unterkriegen. Sie kann scharf werden, wenn sie kritisiert wird, bei einigen gilt sie als verbissen. Das musste mancher hohe Beamte erfahren, der sie als Inhaberin hoher kantonaler Ämter in ihrer Bündner Heimat kennenlernte. Seit ihrer Geburt lebt sie in dem Ort Feldberg in der Nähe von Chur zwischen den Hängen des Calanda und dem Rhein. Sie hat aber auch den Ruf einer geschickten Verhandlerin. „Ich kann Kompromisse suchen, wenn es nötig ist“, sagte sie am Donnerstag. Sie hat immerhin noch die Unterstützung der SVP-Abgeordneten ihrer Heimat. Abzuwarten bleibt, ob sich dieser Teil der Partei, der seit jeher als relativ liberal gilt, abspaltet, wenn Blocher an seinem Konfrontationskurs gegen die Regierung festhält.

An dessen Absichten dürfte kein Zweifel bestehen. Rachsüchtig kündigte der abgewählte Blocher am Donnerstag an, er müsse jetzt keine Rücksichten mehr nehmen auf Kollegialität und die Tradition der Konkordanz. Mit Volksentscheiden und Wahlen will er es seinen Gegnern heimzahlen. Es hatte sich für ihn in der Vergangenheit immer ausgezahlt, mit populistischen fremden- und europafeindlichen Tönen die Ängste der Eidgenossen anzusprechen. Unklar ist, wie er sich an der vermeintlichen Verräterin Widmer-Schlumpf rächen wird. Die hat das Regierungsamt vielleicht auch deshalb angenommen, weil sie die Würde dieses Amtes nicht den Ränken eines Provokateurs unterordnen wollte. Was das Amt bedeutet, mag ihr einst der Vater beigebracht haben – der ehrwürdige Leon Schlumpf bekleidete es vor 20 Jahren selbst einmal.Andreas Oswald

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