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PORTRÄT WOLFGANG CLEMENT SPD-POLITIKER:: „Jeden zumutbaren Job annehmen“

Wolfgang Clements Empfehlung gegen seine Parteikollegin Andrea Ypsilanti bei der Landtagswahl in Hessen zu stimmen, hat für viel Aufregung gesorgt. Nun werden Stimmen laut, ihn aus der Partei zu werfen. Ein Porträt

Von Antje Sirleschtov

Es gibt nicht viele sozialdemokratische Freunde des „Deutschen Atomforums“. Schließlich sind Sozialdemokraten für den Atomausstieg, und das Atomforum ist eine von der Energiewirtschaft finanzierte Interessenvereinigung, die – der Name sagt es bereits – Atomenergie als zukunftsweisende Energieform propagiert. „Gestern, heute und morgen – Kernenergie hat Zukunft“, heißt die diesjährige Wintertagung des Forums, die heute in Berlin beginnt. Eine Provokation für jeden guten Sozialdemokraten.

Nicht jedoch für den Starredner der Tagung: Vize-SPD-Chef war er, Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen und sogar Super- Minister in Berlin. Wolfgang Clement wird zur Zukunft der Kernenergie sprechen, und man darf erwarten, dass er damit seine Genossen weiter verstimmen wird. Allein die Fragestellung lässt erwarten, dass der Ex-Politiker eher Chancen denn Risiken der Atomkraft benennen wird: „Sichere Energieversorgung – ohne Kernenergie und Kohle?“

Eine Anzahlung auf seine Position hat Clement ja schon vor der Landtagswahl in Hessen gegeben. Weil sie für Atomausstieg und den Bau abgasfreier Kohlekraftwerke plädiert, empfahl Clement den Hessen per Zeitungsbeitrag, die SPD- Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti nicht zu wählen. Seither will ihn sein SPD-Unterbezirksverein in Bochum aus der Partei schmeißen, und SPD-Chef Kurt Beck schreckt davor nur zurück, weil er einen Krieg der Schlagzeilen mit Clement fürchtet.

Darf man den neuerlichen Vortrag von Wolfgang Clement in Berlin als Lobby-Job bezeichnen? Schließlich ist der Ex-Superminister unter anderem Aufsichtsrat im Energiekonzern RWE. Und RWE gehört zu den Betreibern von Atommeilern, mithin also zu den Förderern des Atomforums. Clement selbst würde diese Frage wahrscheinlich klar verneinen. Schließlich hat er Vorwürfe aus seiner Partei, er habe sich für die Angriffe auf die Wahlkämpferin Ypsilanti als Lobbyist bezahlen lassen, bereits brüsk mit dem Hinweis darauf zurückgewiesen, ein Jahressalär von 20 000 Euro sei zu gering, als dass er dafür den Job eines „Lobbyisten“ annehme. Dass ausgerechnet er so abfällig über einen angesehenen Job spricht, entbehrt dabei nicht einer gewissen Ironie. Als der Hartz-Erfinder und Wirtschaftsminister Clement Mitte 2004 gefragt wurde, welche Jobs Arbeitslose in Zukunft annehmen müssten, sagte der: „Jeden, der zumutbar ist.“ Antje Sirleschtov

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