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Meinung: Positionen: Amerika kann Europa nicht ersetzen

Wenn Hosni Mubarak, der Präsident Ägyptens, das Wort zu Fragen des Nahen Ostens nimmt, besteht aller Anlass, genau hinzuhören. Wenn er sich entschließt, überraschend nach Berlin zu kommen, bevor er nach Moskau reist, dann hat auch das Gewicht.

Wenn Hosni Mubarak, der Präsident Ägyptens, das Wort zu Fragen des Nahen Ostens nimmt, besteht aller Anlass, genau hinzuhören. Wenn er sich entschließt, überraschend nach Berlin zu kommen, bevor er nach Moskau reist, dann hat auch das Gewicht. Würde man die Frage stellen, ob es einen Sprecher der arabischen Welt gibt und wer es ist, dann wäre wohl in jedem Fall die Antwort: Hosni Mubarak. Nicht nur, weil Ägypten das größte und bevölkerungsreichste Land der arabischen Welt ist, sondern vor allem auch wegen der Persönlichkeit dieses Präsidenten, der ganz im Geiste seines Vorgängers Anwar al-Sadat konsequent, ohne sich beirren zu lassen, auf dauerhaften Frieden der arabischen Staaten mit Israel hinarbeitet. Er hat seinen Friedenswillen nicht nur durch Worte, sondern auch durch Taten immer wieder neu bewiesen.

Der ägyptische Präsident ist zutiefst besorgt um die Stabilität in der Region. Sein Besuch in Berlin, die Gespräche mit dem Bundeskanzler und dem Bundesaußenminister unterstreichen die Bedeutung, die Mubarak der Stellung Deutschlands innerhalb der EU, aber auch der Qualität der Beziehungen der Bundesrepublik zu Israel beimisst. Mubarak hat zu keiner Zeit die besondere Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel in Frage gestellt. Ihm geht es vielmehr um eine aktivere Rolle der EU im Nahen Osten. Dass Deutschland nur im Rahmen dieser EU handeln kann, ist ihm bewusst, aber er kennt natürlich auch das Gewicht der deutschen Stimme im Kreis der 15.

Die Sorgen Mubaraks über die Stabilität der Region - was in seiner Bedeutung weit über das israelisch-palästinensische Verhältnis hinausgeht - sind nur zu verständlich. Die Europäer haben allen Anlass, diese Sorgen ernst zu nehmen, denn die zugrunde liegenden Probleme sind auch ihre Probleme. Der Nahe Osten ist für die EU eine Nachbarregion. Stabilität dort bedeutet auch Stabilität für Europa. Aber das gilt auch umgekehrt. Insofern ist die richtige Feststellung, Europa könne die Rolle der USA nicht ersetzen, nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte ist die Erkenntnis, dass die USA auch die Rolle Europas nicht ersetzen können.

Die vor einem Vierteljahrhundert aufgenommene und immer intensiver gestaltete Mittelmeerpolitik der EU hat ganz erheblich zu einer Stabilisierung in der nahöstlichen Region und am Süd- und Ostrand des Mittelmeeres beigetragen. Europäische Initiativen, wie die Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts des palästinensischen Volkes und die Grundsätze der Erklärung von Venedig sind inzwischen Allgemeingut der internationalen Politik und werden auch von Israel akzeptiert. Es geht im Nahen Osten nicht um eine Alternative zwischen den Bemühungen der USA oder der EU, sondern um ein konstruktives Zusammenwirken.

Die anfängliche Zurückhaltung der Regierung Bush ist inzwischen einer Neueinschätzung der Lage und ersten deutlichen Erklärungen zur Gewaltanwendung gewichen. Auch in dieser Frage hat sich Außenminister Powell als ein Mann erwiesen, der mit großer Verantwortung und Professionalität sein Amt ausübt. Der Besuch Mubaraks in Berlin vor der Reise nach Moskau unterstreicht seine Absicht, die Beziehungen zu Russland nicht als Alternative, sondern ergänzend zur Rolle der USA und der EU zu verstehen. Bundeskanzler Schröder wird ihm im Übrigen eine umfassende Einschätzung des russischen Präsidenten vermittelt haben.

Die Mittelmeerpolitik der EU einschließlich des Barcelona-Prozesses sind wichtige außenpolitische Instrumente, die der EU - und nur ihr - zur Verfügung stehen. Auf allen Seiten muss verstanden werden, dass es zu Verhandlungen keine Alternative gibt. Gewalt löst keine Probleme, sie schafft neue. Klare Perspektiven auch für das palästinensische Volk müssen genauso Voraussetzung des Friedensprozesses sein, wie die Anerkennung des Existenzrechts und der Sicherheit Israels. Der unvergessliche Jitzhak Rabin und Shimon Peres waren sich dieser Tatsache bewusst. Die EU kann viel dafür tun, dass an die Bemühungen dieser beiden großen Persönlichkeiten angeknüpft wird.

Der Autor war von 1974 bis 1992 B, esaußenm

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