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POSITIONEN: Die Weltpolizisten

Zur angloamerikanischen Achse gibt es keine Alternative.

Die Welt hat keine Einrichtung, mit deren Hilfe sich Verbrechen gegen die Menschheit schnell ahnden lassen. In der Uno dominieren demokratiefeindliche Regime. Ihr Sicherheitsrat wird vom sinorussischen Block gelähmt, der 1,5 Milliarden Menschen vertritt. Besser steht es um die internationalen Strafgerichtshöfe, doch sie können erst nach den Grausamkeiten und nur bei Greifbarkeit der Täter ihre Mühlen in Gang setzen.

Selbst für eine bloße Verurteilung von Megaverbrechen findet sich unter den Nationen keine Mehrheit. Bei der prinzipiellen Bereitschaft, sie zu unterbinden, sind nur noch ganz wenige Staaten dabei. Und kein Land steht immer für Interventionen zur Verfügung. Alle sind mithin zu tadeln, auch wenn ihr Zögern nachvollziehbar ist. Schließlich verlieren die Familien in den meisten Demokratien ihre einzige Söhne oder gar einzigen Kinder, wenn Soldaten fallen.

Die Kritik eines moralischen Versagens trifft selbstredend auch die angloamerikanische Achse, und doch haben wir auf absehbare Zeit nichts Besseres als Kanada, Amerika, Großbritannien, Australien und Neuseeland.

Im Jahr 2012 trugen sie zum Weltbruttosozialprodukt von 83 Billionen Dollar ein Viertel bei. Ihre Grenzen umfassen ein knappes Fünftel der irdischen Landfläche. Zwischen 1950 und heute sind ihre Bevölkerungen von 235 auf 445 Millionen gewachsen. Bis 2050 sollen noch einmal 120 Millionen hinzukommen. Zwar fällt man zwischen 1950 und 2012 beim Weltbevölkerungsanteil von 9 auf 6,4 Prozent zurück, aber die sollte man auch 2050 noch halten, während etwa Deutschland zwischen 1950 und 2050 von 2,8 auf 0,7 Prozent absackte.

Stärker noch als die Sprache führt die gemeinsame Gesetzesordnung die fünf zusammen. Eine nicht immer durchgehaltene, aber am Ende meist obsiegende Orientierung an der Herrschaft des Rechts („rule of law“) macht sie zu natürlichen Verbündeten. Dass dies ein Glück für alle ist, mag mancher für pathetisch halten. Aber man bedenke den Zustand der Welt ohne ihr angelsächsisches Rückgrat.

Auch diesmal scheint es zu halten. Schon Mitte Juni zeigte sich Stephen Harper in Ottawa überzeugt, dass Assads Regime mit Giftgas tötet. Er nennt Russland und Iran als mögliche Mittäter. Als Barack Obama seinen moralischen Kompass schon wegwerfen will, bringt ihn der Engländer David Cameron zur Umkehr – nicht allein durch Vorhaltungen, sondern durch eigene Einsatzbereitschaft. Von wem sonst hätte Amerika sich das bieten lassen? Am 24. August kehrte Kevin Rudd von seinem Wahlkampf nach Canberra zurück, um Maßnahmen gegen Syrien zu beraten. Am 26. August stellte John Key in Wellington die Neuseeländer darauf ein, dass es zum Vorgehen gegen Damaskus kommen kann.

Die Franzosen – auch ihre linken Präsidenten – verstehen die Ehre, aber auch die Verantwortung, von den Anglos mit in die Pflicht genommen zu werden. Im Zweiten Weltkrieg sind sie bei den Kämpfen kaum dabei, dürfen aber mit an den Tisch der Sieger. Seitdem hält Paris Waffensysteme bereit, damit es nicht bei wohlfeilen Mahnungen bleiben muss.

Langsamer sind die Deutschen. Und doch stände es besser um die Welt, wenn auch Berlin ungefragt signalisieren würde, dass man auf die Bundesrepublik rechnen kann und sie ihre Lenkwaffenschiffe in Marsch setzt, sobald ein Einsatz für die Unterbindung von Taten absehbar ist, die zum Teil gerade deshalb endlich bestraft werden dürfen, weil sie zuvor von Deutschen begangen wurden.

Der eigene Akzent muss dabei keineswegs fehlen. So stände es der Begründung für einen Einsatz gut an, ausdrücklich auch die genozidalen Aktionen und Ambitionen der zu Beschützenden ins Visier zu nehmen. In der UN-Resolution 1973 vom März 2011 zum Libyen-Einsatz hat man eben das versäumt, ohne dass Angela Merkel und Guido Westerwelle allerdings deshalb beiseitegeblieben wären.

Der Autor ist Soziologe, Ökonom und Zivilisationsforscher. Er unterrichtet an der Universität Bremen.

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