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POSITIONEN: Potsdam hilft Japan bei Geschichtsklitterung

Gedenkort für Hiroshima verschweigt Tokios Kriegsschuld

Historiker haben sich in den letzten Jahren zunehmend mit dem unterschiedlichen Umgang Deutschlands und Japans mit dem Erbe des Zweiten Weltkriegs befasst. Während Deutschlands Bemühungen, sich schonungslos mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen, von seinen europäischen Nachbarn anerkannt und gewürdigt werden, fehlt solches Engagement zur Geschichtsaufarbeitung in Japan völlig. Die Japaner sehen sich als Opfer des Kriegs, wobei die Tragödie Hiroshimas eine Schlüsselrolle spielt. Die Stadt Potsdam unterstützt nun diese einseitige Sicht.

Am 25. Juli soll in Potsdam-Babelsberg der neu benannte Hiroshimaplatz eingeweiht werden. Später wird dort ein von einem japanischen Bildhauer konzipiertes Denkmal platziert werden. Es soll folgende Inschrift tragen: „Im Gedenken an die Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki am 6. August und 9. August 1945. Während der Potsdamer Konferenz der Alliierten Großmächte vom 17. Juli 1945 bis zum 2. August 1945 wohnte der damalige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Harry S. Truman, in der gegenüberliegenden Villa. Am 25. Juli 1945 wurde mit Zustimmung des amerikanischen Präsidenten aus Washington D.C. der militärische Befehl zum Abwurf der Atombomben erteilt. Die zerstörerische Kraft der Bomben brachte hunderttausendfachen Tod und entsetzliches Leid über die Menschen. In der Hoffnung auf eine atomwaffenfreie Welt.“

Während in Japan Unwissenheit und Stillschweigen in Bezug auf den eigentlichen Krieg herrschen, spielt das Ende des Konflikts mit dem Abwurf der Atombombe die übergeordnete Rolle. Der deutsche Historiker Manfred Kittel sieht darin gar eine Art „Schutzschild“: „Hinter den Atompilzen konnte Japan, metaphorisch gesprochen, die eigenen Verbrechen verstecken.“ Wie kommt es jetzt 65 Jahre später, dass gerade hier in Deutschland, wo Vergangenheitsbewältigung einen hohen Stellenwert hat, die Stadt Potsdam Japan mit dem Alibi Hiroshima glaubt beistehen zu müssen? Genauso deplatziert wäre ein Denkmal für die deutschen Opfer der Vertreibungsverbrechen in Tokio. Die Verleugnung der Kriegsschuld in Japan durch diese ausschließliche Selbstdarstellung als Opfer führt heute noch zum offenen Konflikt mit seinen asiatischen Nachbarn. Chinesen, Koreaner, Vietnamesen, Indonesier, Philippiner, Taiwaner, Thailänder und andere werden ständig durch Japans wiederholt tollpatschigen Umgang mit der Geschichte irritiert. Ein Beispiel hierfür sind die Auftritte hoher Politiker am Yasukunischrein, wo von den Alliierten verurteilte Kriegsverbrecher noch heute geehrt werden.

Auf die Empfindsamkeiten asiatischer Nationen scheint die Stadt Potsdam aber genauso wenig Rücksicht nehmen zu wollen. Tatsächlich residieren in unmittelbarer Nähe des bisher namenlosen Platzes in Babelsberg die Universität Potsdam, die Filmstudios Babelsberg sowie die Friedrich-Naumann-Stiftung. Sie alle haben zahlreiche Beziehungen nach Asien, inklusive regelmäßiger Besucher aus diesen Ländern. Muss jetzt ausgerechnet dort ein Denkmal für Hiroshima stehen?

Jeder denkende Mensch ist gegen Atomkrieg. Die Initiatoren des Gedenkortes in Potsdam sollten sich eher für die aktuelle Herausforderung der atomaren Abrüstung engagieren. Die Entfernung von US-Atomwaffen aus der Bundesrepublik, wie der deutsche Außenminister neulich vorschlug, wäre ein Anliegen. Aber mit der Brüskierung zahlreicher asiatischer Länder durch eine undifferenzierte Betrachtung eines historischen Ereignisses tut sich Potsdam keinen Gefallen. Sich ausgerechnet in Deutschland die einseitige Opfermaske Hiroshimas mit anzuziehen, ist inakzeptabel. Wenn Potsdam sich aus dem Schatten Berlins heraus international profilieren will, ist das Projekt Hiroshimaplatz ein Desaster.

Der Autor war Vorsitzender der amerikanischen Handelskammer in Berlin und Mitbegründer des Vereins „Transatlantic Friends of the Truman House“.

Robert S. Mackay

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