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POSITIONEN: Qualität kostet – und lohnt

Deutsche Zeitungshäuser sollten sich nicht subventionieren lassen

Wie lässt sich das Überleben der Presse in Zeiten des Internets sicherstellen? Viele Tages- und Wochenzeitungen kämpfen mit rückläufigen Auflagen und sinkenden Werbeeinnahmen. Manche Anzeigenmärkte wie für Immobilien, Partnerschaften oder Automobile haben sich zu einem erheblichen Ausmaß auf digitale Unternehmen verlagert. Auch bei einer noch besseren Wirtschaftslage werden diese Einnahmen nicht wieder zur gedruckten Presse zurückkehren. Das Internet bewirkt einen Strukturwandel, so dass sich Verlagshäuser neue Geschäftsmodelle und Finanzierungsquellen suchen müssen.

Eine offensichtliche Möglichkeit besteht darin, das Internet ebenfalls zur Verbreitung der produzierten Inhalte zu nutzen. Allerdings ist der Wettbewerb hier ungleich größer als auf den traditionellen Zeitungsmärkten, die Leser können schnell zwischen verschiedenen Anbietern wechseln. Nur wenige Nachrichten-Online-Seiten sind momentan so einzigartig, dass sie einen positiven Preis durchsetzen können, aber selbst hier sind die Erlöse oft begrenzt. Manche bieten ihre Inhalte sogar bewusst entgeltfrei für den Leser an, um möglichst viele Leser zu erreichen und mehr Geld für Werbung und Kleinanzeigen verlangen zu können. Die Leser zahlen hier keinen Preis in Euro für die Inhalte, sondern mit ihrer Aufmerksamkeit, die auch auf Werbeanzeigen gelenkt wird. Kostenlos ist das Angebot somit nicht, es ist lediglich entgeltfrei.

Als zusätzliches Problem ergibt sich, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk mehr oder minder ungebremst sein gebührenfinanziertes Angebot ausdehnt und so den Zeitungsverlagen zusätzliche Konkurrenz macht. Für manche Verlage wird die Situation daher noch schwieriger. Welche Idee liegt da näher, als das Modell des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu kopieren und sich der wirtschaftlichen Sorgen zu entledigen, indem eine Finanzierung über Pauschalabgaben angestrebt wird? Nichts anderes verbirgt sich hinter den Anstrengungen deutscher Presseverleger, die Politik davon zu überzeugen, ein sogenanntes Leistungsschutzrecht für Verlagsinhalte einzuführen.

Das Recht, eine Leistung zu schützen, hört sich gut an, aber das gibt es bereits heute in Form von Urheberrechten. Hinter dem schönen Begriff „Leistungsschutzrecht“ hingegen versteckt sich die Vorstellung der Verleger, dass für jeden beruflich genutzten Computer – ob in einem Handwerksbetrieb, Supermarkt, einer Behörde oder Universität – eine pauschale monatliche Gebühr fällig werden soll, vergleichbar mit der bisherigen Rundfunkgebühr bei Fernseh- und Radiogeräten. Denn wohlgemerkt: Schon die einfache Nutzung offen zugänglicher Verlagsseiten würde gebührenpflichtig. Um dieser Gebühr zu entgehen, müssten Unternehmen die Nutzung untersagen und dies mit aufwendigen Netzsperren oder ähnlichen Maßnahmen durchsetzen – eine absurde Vorstellung. Zumindest vorläufig soll die Gebühr jedoch (noch) nicht von privaten Haushalten erhoben werden.

Was wären die ökonomischen Auswirkungen einer solchen Gebühr? Neben den Bürokratiekosten und der Mehrbelastung für die deutsche Wirtschaft würden auch die Anreize, qualitativ hochwertige Inhalte zu produzieren, weiter reduziert. Warum soll sich ein Inhalteproduzent besondere Mühe geben, wenn ohnehin eine pauschale Vergütung erfolgt? Zugleich würde es schwieriger für Presseverlage, Bezahlinhalte (Paid Content) am Markt zu etablieren. Die Schwierigkeiten, einen deutschen Pay-TV-Kanal gegen die Konkurrenz des gebührenfinanzierten Rundfunks zu etablieren, sollten hier eine Lehre sein.

Auch das manchmal vorgetragene Argument, durch ein Leistungsschutzrecht würde die Verhandlungssituation der Verlage gegenüber Suchmaschinen wie Google und Bing gestärkt, steht auf tönernen Füßen. Bereits heute sind Inhalte urheberrechtlich geschützt. Ein Schutz sogenannter Snippets, deren „Schutz“ ebenfalls diskutiert wird, ist kaum praktikabel und auch für die Verleger selbst wohl eher kontraproduktiv.

Letzten Endes verbirgt sich hinter dem Begriff „Leistungsschutzrecht“ nichts anderes als der Versuch, eine Subventionierung der deutschen Zeitungsverlage auf Kosten anderer Branchen zu erreichen. Eine sachliche Rechtfertigung dafür gibt es nicht. Eine solche Subvention verlangsamt lediglich den Strukturwandel und behindert die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle. Vor allem aber senken solche Subventionen die Anreize, qualitativ hochwertigen Journalismus auch im Internet zu betreiben. Qualitativ hochwertige Beiträge lassen sich nämlich bereits heute zumindest teilweise verkaufen, wie die FAZ oder der Economist belegen.

Durch ein Leistungsschutzrecht für entgeltfreie Inhalte hingegen wird der Anreiz gestärkt, anstelle von exklusiven Bezahlinhalten möglichst viel Masse zu produzieren. Die Politik sollte der Forderung der Verlage daher unbedingt widerstehen.

Der Autor ist Vorsitzender

der Monopolkommission.

Ein Vertreter des Bundesverbands

Deutscher Zeitungsverleger wird darauf antworten.

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