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Meinung: Präsenzpflicht

Warum die Bundeswehr – trotz aller Ausflüchte – nach Kongo muss

Die Chance ist groß, und Deutschland sollte sie nutzen. Die Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo, die für den 18. Juni angesetzt sind, müssen erfolgreich verlaufen; sie sind ein entscheidender Schritt des Landes von der Größe Westeuropas hin zu mehr Stabilität.

Doch nicht nur deshalb sollte Berlin sich endlich klar für einen Bundeswehreinsatz während der Wahlen in Kongos Hauptstadt Kinshasa aussprechen. Es geht in dem Land auch um einen mühsam eingedämmten Krieg, der seit 1998 knapp vier Millionen Menschen getötet hat und auf keinen Fall neu ausbrechen darf. Es geht um täglich etwa 1200 Menschen, die nach wie vor an Hunger sterben oder von Rebellen getötet werden. Und es geht um ein Land, dessen Zukunft nicht nur die weitere Entwicklung in ganz Zentralafrika beeinflusst, sondern das aufgrund seiner Bodenschätze wie Coltan, Gold, Öl oder Diamanten große wirtschaftliche Bedeutung hat.

Seitdem die Übergangsregierung 2003 in Kongo die Macht übernommen hat, wird auf den Wahltermin hingearbeitet. Deutschland hat sich im EU-Rahmen sowie bilateral stark engagiert, investiert einen zweistelligen Millionenbetrag allein in den Wahlprozess. Die internationale Gemeinschaft hat in den vergangenen zwei Jahren knapp zwei Milliarden Dollar für den Einsatz der UN-Truppen (Monuc) ausgegeben. Doch trotz des bisher Geleisteten ziert sich der deutsche Verteidigungsminister vor einer expliziten Zusage, die Kanzlerin stellt Bedingungen vor einen deutschen Einsatz im EU-Rahmen, die zum Teil wie Ausflüchte wirken.

So würde der UN-Sicherheitsrat mit größter Wahrscheinlichkeit das geforderte Ja zum Einsatz von EU-Truppen während der Wahlen geben. Auch Kongos amtierender Präsident Joseph Kabila dürfte sich für den Einsatz aussprechen – wenn diese Offerte entsprechend an ihn herangetragen wird. Besonders erstaunlich aber ist die immer wiederkehrende Warnung vor Kindersoldaten, denen deutsche Militärs auf einmal gegenüberstehen könnten. Die Kindersoldaten marodieren im Osten des Landes, dort, wo der größte Teil der Monuc stationiert ist. Kinshasa aber, wo die EU-Truppen eingesetzt werden sollen, liegt im Westen. Hier geht es darum, einen Putsch möglicher Wahlverlierer durch schiere Präsenz unwahrscheinlicher zu machen.

Die erfolgreiche EU-Militäroperation „Artemis“ vor gut zwei Jahren in Ostkongo zeigt, dass auch eine relativ kleine, dafür aber straff organisierte und bestens ausgerüstete Streitkraft von 1500 Mann eventuelle Aufrührer in den Griff bekommen kann. Und auch wenn der Einsatz für Bundeswehrsoldaten nicht ungefährlich ist: Die deutsche Außenpolitik hat schon vor längerem – zumindest theoretisch – erkannt, dass das Schicksal afrikanischer Länder auch aufgrund der Flüchtlingsfrage für Europa immer wichtiger wird. Dieser Erkenntnis muss sie jetzt Taten folgen lassen.

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