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Meinung: Präsident Kanthindenburgbeckenbauer Köhler (II): Das Volk soll ihn wählen

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD hat ihn einen Besserwisser genannt, andere höflichere Zeitgenossen belassen es bei der Frage: Was macht eigentlich Horst Köhler? Nach bald zwei Jahren im Amt hat der Nachfolger von Johannes Rau seine Rolle nicht gefunden und es sieht nicht danach aus, dass es ihm noch gelänge.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD hat ihn einen Besserwisser genannt, andere höflichere Zeitgenossen belassen es bei der Frage: Was macht eigentlich Horst Köhler? Nach bald zwei Jahren im Amt hat der Nachfolger von Johannes Rau seine Rolle nicht gefunden und es sieht nicht danach aus, dass es ihm noch gelänge.

Die Schuld liegt nur zum Teil bei ihm selbst. Schließlich wurde er erwählt von einer Koalition der Lohnnebenkostensenker, sozusagen als Vorbote der großen Wende, die dann doch nicht kam. Solange er von einer oder der anderen Seite gebraucht wurde oder zumindest instrumentalisiert werden konnte, war alles Sonnenschein, seit die politische Konstellation nicht mehr recht auf sein ceterum censeo passt, murren die präsidialen Hebammen. Dabei hat der Bundespräsident jedes Recht, die Regierung anzutreiben, zu mahnen, sie rhetorisch in die von ihm gewünschte politische Richtung zu drängen.

Es ist schon merkwürdig: Als Horst Köhler seine Kompetenzen eindeutig überschritten hatte, waren alle dafür, die einen, weil sie Neuwahlen suchten, die anderen, weil sie auf den Wechsel hofften. Seine Begründung für die Auflösung des Parlaments, dass das Land in einer Krisensituation eine neue, starke Regierung brauche, war verfassungsrechtlich unhaltbar. Denn er hatte nicht sein Wünschen und Wollen zum Maßstab seines Handelns zu machen, sondern die Frage zu prüfen, ob Gerhard Schröder noch das Vertrauen des Parlaments genießt oder eben nicht. Und nur im letzten Fall durfte er den Bundestag auflösen und Neuwahlen ausschreiben, gleichgültig in welchem Zustand sich das Land befand und ob Not kein Gebot kennt. Damals hätten diejenigen protestieren müssen, die dem Bundespräsidenten heute am liebsten den Mund verbieten würden.

Was er heute anmahnt, ist seines Amtes. Ob es allerdings klug ist, dass ein Bundespräsident den Schattenwirtschaftsminister gibt, und immer die Themen in den Mittelpunkt seiner Reden rückt, die Michael Glos setzen müsste, ist eine ganz andere Frage. Schließlich gibt es in dieser Gesellschaft viele ungelöste Probleme, von der Demographie über die Multikulturalität bis hin zu dem außenpolitischen Richtungsstreit zwischen Atlantikern und Kontinentaleuropäern.

Horst Köhler – und das ist sein eigentliches Problem – ist von der Mehrheit der Bundesversammlung für ein Themenspektrum mit dem höchsten Amt betraut worden, das gesellschaftlich zu schmal und politisch inzwischen anders besetzt ist. So wirkt der Bundespräsident auf die einen als wirtschaftsliberaler Störfaktor und für die anderen ist er nicht mehr relevant.

Es ist schon so: Die Deutschen möchten an dieser Stelle eine Mischung aus Kant, Hindenburg und Beckenbauer, die politische Klasse einen Erfüllungsgehilfen bei ihren vermeintlich notwendigen Veränderungen. Vielleicht sollte wirklich das Volk entscheiden, wer ihm von Zeit zu Zeit die Meinung sagt.

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