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Meinung: Präsident ohne Wähler

Von Andrea Nüsse

Eigentlich sieht das Ergebnis aus wie immer: Der ägyptische Präsident Hosni Mubarak ist mit 88,5 Prozent der Stimmen wieder gewählt worden. Auch die erstmalige Konkurrenz von neun Gegenkandidaten scheint das übliche Ergebnis nicht zu beeinträchtigen.

Doch auf den zweiten Blick birgt das Ergebnis Überraschungen: Die Wahlbeteiligung wird offiziell mit nur 23 Prozent angegeben – damit räumt das Regime erstmals ein, dass die meisten Ägypter die Präsidentschaftswahlen boykottierten. Es war allgemein erwartet worden, dass die Wahlbeteiligung mit mindestens 50 Prozent angegeben wird, um Mubaraks Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Obwohl unabhängige Organisationen und Oppositionsparteien sie nur auf 15 bis 18 Prozent geschätzt hatten.

Doch auf derart hemmungslose Fälschungen wie in der Vergangenheit hat das Regime diesmal anscheinend verzichtet. Damit tritt der 77-jährige Mubarak eine fünfte Amtszeit an  – und ist nach demokratischen Spielregeln geschwächt. Nur etwa 20 Prozent der 32 Millionen Wahlberechtigten oder 8,7 Prozent der Gesamtbevölkerung haben für den „Rais“, den allmächtigen Führer des Landes am Nil, gestimmt. Ein „klares Misstrauensvotum“ nennen das Kritiker.

Dennoch bleibt Mubaraks Machtfülle formell uneingeschränkt. Ob der Präsident den Ausnahmezustand aufheben oder dem Parlament mehr Rechte einzuräumen wird, hängt von seinem guten Willen ab. Aber die Vereinigten Staaten machten deutlich, dass sie dies erwarten. Und der innenpolitische Druck wird nicht nachlassen – bereits einen Tag nach Verkündung der Wiederwahl Mubaraks demonstrierten Mitglieder der „Kifaya“(„Genug“)-Bewegung in Kairo.

Diese Kombination aus innerem und äußerem Druck hatte das Regime dazu gezwungen, eine vorsichtige politische Öffnung zuzulassen. Ob das Regime es damit ernst meint oder neuerdings nur cleverer die internationale Öffentlichkeit einlullt, wird sich im Vorfeld der Parlamentswahlen vom November zeigen.

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