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Prinzessin Diana: Ein Königreich für etwas Haltung

Nach Dianas Tod widersetzte sich die Queen der Hysterie – und festigte so die britische Monarchie.

Von Markus Hesselmann

Der Abgesang auf das britische Königshaus ist immer mal wieder angestimmt worden. Selten so laut wie nach dem 31. August 1997. Vor zehn Jahren starb Prinzessin Diana bei einem Autounfall. Ihr Tod führte im Vereinigten Königreich zu einem „Überquellen von Trauer“, wie es der damalige Premierminister Tony Blair formulierte. Weinende Menschen umringten die königlichen Paläste, vor deren Toren türmten sich Blumen. Das Volk hatte seine „Königin der Herzen“ verloren, „the people’s princess“, wie Blair sie in seiner Trauerrede nannte.

In beiden Begriffen stecken Spitzen gegen die übrigen Royals. Da war eine wahrhaft Königliche zu Tode gekommen. Eine, der es gelungen war, das Royale mit dem Populären zu verbinden, während die Windsors selbst in einer Zeit der landesweiten Trauer keinen Zugang fanden zu den Gefühlen ihrer Untertanen. Und hatten sie die rebellische Prinzessin nicht zugrunde richten wollen, nachdem ihre Ehe mit dem Thronfolger gescheitert und ihre royale Mission für beendet erklärt worden war? Auch den Titel „Her Royal Highness“ hatten sie ihr aberkannt.

Wer seinerzeit aus dem massenhaften Gefühlsausabruch eine reale Gefahr für die britische Monarchie herauslas – und es waren nicht wenige – sieht sich nach zehn Jahren getäuscht. Die britische Monarchie ist gefestigt, die Republik kommt nicht. Der oscargekrönte Film „The Queen“ oder die aktuelle Diana-Biografie von Tina Brown, in der die Royals gut wegkommen, sind mediale Symptome dieser Überlebensfähigkeit.

Es war da etwas Stärkeres am Werk als die Trauer um die geliebte Prinzessin und die Wut auf die Royals. Gerade die beschleunigte moderne Mediendemokratie braucht Institutionen, die gegen Stimmungsschwankungen und Hysterie gefeit sind. Etwas zum Festhalten, vertraute Rituale, auf die man sich auch in unsicheren und unübersichtlichen Zeiten berufen kann. Das ist keine Sehnsucht nach traditionellen Herrschaftsformen. Im Gegenteil. Die Kraft von Päpsten und Königinnen im säkularen, demokratischen Zeitalter beruht gerade auf ihrer faktischen Machtlosigkeit. Sie fallen aus dem Verantwortungszusammenhang der politischen Mechanismen und haben das Privileg und die Pflicht, sich aufgrund tieferer Erkenntnis zu äußern. Ihr Einfluss beruht auf der Aura des Amtes und der persönlichen Fähigkeit, dieses Amt zu bekleiden. Wegen der engen Grenzen, die ihr im parlamentarischen System gesteckt sind, kann die Königin dies kaum durch Wortmeldungen erreichen. Sie muss durch Haltung überzeugen. Genau das hat Queen Elizabeth II. vor zehn Jahren getan, als sie auf jahrhundertelang gültigen Konventionen und Umgangsformen bestand und sich einer auch medial angeheizten Hysterie nicht beugen wollte.

Wer keine Royals hat, braucht Ersatz. In Deutschland, wo nationale Rituale wie nirgendwo sonst durch die Geschichte diskreditiert wurden, soll der Bundespräsident den Bedarf nach einer übergeordneten Instanz erfüllen. Richard von Weizsäcker hat dieses Amt exemplarisch bekleidet, mit Würde, Nachdenklichkeit und überparteilicher Distanz. Er und andere Bundespräsidenten wurden hin und wieder als „Ersatzkaiser“ verspottet. In gewissem Sinne dürften sie das durchaus als Kompliment auffassen.

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