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Meinung: Rechtswege: Die Strafkammer und der Brandstifter

Am 11. April 1996 starben 17 Menschen bei einem Großbrand auf dem Rhein-Ruhr-Flughafens in Düsseldorf-Lohausen.

Am 11. April 1996 starben 17 Menschen bei einem Großbrand auf dem Rhein-Ruhr-Flughafens in Düsseldorf-Lohausen. Eine große Zahl von Menschen wurde - zum Teil schwer - verletzt. Bis heute ist es nicht gelungen, festzustellen, wer strafrechtlich Schuld an dieser Katastrophe trägt.Zwar hat eine Düsseldorfer Zivilkammer am 22. Februar 2000 die Frage bejaht, ob der Brand von der Flughafen Düsseldorf GmbH - nach Maßgabe zivilrechtlicher Vorschriften - schuldhaft (mit-)verursacht wurde. Doch die erste Hauptverhandlung gegen zehn Angeklagte musste am 29. August vergangenen Jahres nach 42 Sitzungstagen ausgesetzt werden: Es hatte sich herausgestellt, dass ein Schöffe alkoholkrank und verhandlungsunfähig war.

Auch der neue Anlauf, den eine Große Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf am 14. Dezember 2000 nahm, geriet in Schwierigkeiten. Zunächst wurde ein Ergänzungs-(Berufs-)Richter erfolgreich wegen Befangenheit abgelehnt. Darüber hinaus ist, zum dritten Mal in diesem Strafverfahren, eine weitere Personalie aufgekommen.

Es stellte sich heraus, dass gegen einen der Schöffen in diesem Strafprozess, in dem es um fahrlässige Tötung und Brandstiftung geht - wegen Brandstiftung ermittelt wird. "Misslich für die Akzeptanz, ganz misslich für den Fiskus, aber rational nicht zu erklären", kommentierte Jochen Dieckmann, der Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen.

Und Dieckmann, ein gescheiter Jurist, verkroch sich nicht im Dschungel des juristischen Vokabulars. Ein "gläserner Schöffe", den man per Fragebogen wie eine Auskunftei abfragt, würde die ohnehin schwierige Suche nach ehrenamtlichen Richtern zusätzlich erschweren. Und der Minister stellte sich auch der Frage, die dieses Verfahren mit seiner "peinlichen, hoch konzentrierten Summe misslicher Einzelfaktoren" aufwirft: der Frage, ob es noch vertretbar ist, dass Laien an der Rechtsprechung beteiligt werden.

Dieckmann hält es für richtig, dass Urteile, die "Im Namen des Volkes" ergehen, unter Mitwirkung von Bürgern gefunden werden. Er bekannte sich "ausdrücklich zum Ehrenamt in der Strafjustiz". Er werde alle Verbesserungsmöglichkeiten prüfen, sehe aber noch keine Alternativen.

Laienrichter - das ist die volkstümliche Bezeichnung für den ehrenamtlichen Richter. Seine Rolle ist einflussreich. Denn im Strafverfahren ist zu einer für den Angeklagten nachteiligen Entscheidung (von der Schuldfrage und dem Strafmaß bis zur Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung) eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Stimmen erforderlich. Laienrichter können der Auffassung der Berufsrichter den Weg versperren.

Dem Gericht über den Flughafenbrand in Düsseldorf, einer Großen Strafkammer, gehören außer den drei Berufsrichtern zwei Schöffen an. Wie werden sie mitentscheiden? Können sie bewerten, was vorliegt, nachdem 97 Zeugen, elf sachverständige Zeugen und 14 Sachverständige gehört worden sind?

Paul Schlesinger, der unter dem Namen "Sling" der einzige wirklich legendäre Gerichtsberichterstatter Deutschlands gewesen ist - er schrieb bis zu seinem Tod 1928 für die Berliner "Vossische Zeitung" - hat entschieden bestritten, dass die veröffentlichte Meinung einen negativen Einfluss auf die Laien im Gericht hat. "An manchem Spruch ist schon die Frau des Geschworenen tiefer beteiligt gewesen als der Geschworene selbst. Und gegenüber diesen privaten Einflüssen gibt es kein besseres Gegengift als das der öffentlichen Meinung ..."

Missbräuche und Auswüchse gebe es, meinte Sling: "Man darf aber hoffen, dass die ihrer Verantwortung bewusste Presse immer die maß- und richtunggebende sein wird." Sling konnte noch sagen: "Kritik braucht auch die Presse. Zwangs- und Gewaltmaßnahmen lehnt sie ab. Ihre Erziehung hat sie in eigener Regie übernommen."

Der Rundfunk ist dazugekommen, das Fernsehen, die multimediale Welt ist angebrochen. Es geht nicht mehr allein um die Presse, um das Printmedium. Die Laien in den Strafgerichten werden uns beschäftigen müssen.

Gerhard Mauz

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