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Für Angela Merkel geht es immer noch steil bergauf: Sie ist beliebt bei den Wählern und scheint politisch alles richtig gemacht zu haben.

© Reuters

Rede auf dem Bundesparteitag: Merkels neuer Anspruch

Angela Merkels selbstbewusster Auftritt zum Auftakt des Bundesparteitags untermauert ihren Führungsanspruch, den sie auf Fakten stützt. Für die SPD muss das ein furchtbares Erlebnis gewesen sein.

Für die SPD muss das ein furchtbares Erlebnis gewesen sein. Furchtbar im Wortsinn. Denn die Rede der Bundeskanzlerin zum Auftakt der Heerschau ihrer CDU hat etwas dokumentiert, was fürs Wahljahr von allergrößter Bedeutung sein kann: Angela Merkel wird sicherer und sicherer, ihrer selbst und der Sache sowieso. Nicht allein, wie sie nach getaner Arbeit, also ihrer Grundsatzausführung in bester Merkel’scher Manier, die beiden Podien der Parteigranden auf der Bühne abschritt – ein bisschen paradierte sie, ein bisschen schritt sie die Front ab, dabei winkte sie von links bis rechts entspannt ins jubelnde Parteivolk. So sieht beiläufiges Selbstbewusstsein aus.

Das aber auch wieder im übertragenen Wortsinn. Ihrer selbst bewusst: Merkel weiß, was sie will und kann, und sie sieht, dass immer mehr es wissen. Selbstwertgefühl kommt auch von so was, und wenn dieser Wert außer Frage steht, je länger man regiert, desto freier kann man werden. Kann sie werden. Sie geht jetzt ins Offene, jetzt, zum Wahljahr hin, Jahrzehnte, nachdem Physikerfreund Michael Schindhelm ihr das gewünscht hatte. Ins Offene zu gehen bedeutet außerdem, souveräner im Umgang zu werden, weniger misstrauisch auch. Das zeigt, beispielsweise, ihr Umgang mit Wolfgang Schäuble, der ihr so viel an politischer Erfahrung voraushat, allein schon seine 40 Jahre Parlamentarierleben.

Aber es kommt noch ärger für die SPD. Angela Merkel treibt ihre Partei an. Gottlob nicht mehr so wie vor vielen Jahren in Leipzig, als turboliberaler Furor in sie gefahren zu sein schien. Aber doch mit einem beachtlichen Veränderungswillen. Dass sie vorher berechnet, was geht und was nicht, dass sie, wie man so schön sagt, von hinten führt – das wird sich nicht mehr ändern.

Den Anfang macht immer eine Annahme bei ihr, von der alles abgeleitet wird. In diesem Fall lautet sie: Aus Dankbarkeit ist noch nie jemand gewählt worden. Richtig! Darum muss sie, muss sich was tun. Die Christlich Demografische Union muss jünger werden, für anderes und andere offener, ob Lebensentwürfe oder Herkunft. Das Projekt der Sozialisierung, nennen wir es einmal so, in der modernen Gesellschaft, hat sie benannt. Nicht ganz so, aber ihrer Art gemäß authentisch. Bei ihr sind es vor allem Bildung und Forschung und Wissen, das vieles schafft: neue Aufstiegschancen fürs Land und die Menschen.

Wenn das sozialdemokratisch klingt, ist es doch nur eine Chiffre, weil die CDU immer die Partei auch der Kleinbürger und Aufsteiger war. Dass Merkel Deutschland als weltweiten Hüter der sozialen Marktwirtschaft ansieht und in gewissem Sinn anpreist, belegt den neuen Anspruch, den sie hat. Da kann kommen wer will, der amerikanische, der chinesische oder der französische Präsident, ihr macht keiner mehr was vor. Und Bangemachen gilt nicht. Im Zweifel kontert Merkel mit Fakten, da fühlt sie sich immer sicher, und das stellt das Gleichgewicht schon wieder her.

Zehn Monate noch bis zur Wahl: Bis dahin wird regiert, durchregiert, das hat die Kanzlerin klargemacht. Regieren wird ihre schärfste Waffe. Machen. Sich kümmern. Um Europa, die Welt. Ihre Partei macht mit, logisch, weil sie an der Macht bleiben will; aber auch immer mehr auf ihrer Wellenlänge. Die CDU weiß, sie wird von ihr schon nicht überfordert. Das passt zu dieser Zeit. Merkel ist auf dem Zenit, aber dass der Abstieg 2013 beginnt, ist nach dem Auftritt von Hannover nicht wahrscheinlich.

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