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Meinung: Reisen reicht nicht

Sudan: Die UN müssen beweisen, dass Vertreibung nicht einfach hingenommen wird

Wacht die Welt jetzt doch noch auf? Monate über Monate haben sich die Frauen und Männer des obersten UN-Gremiums weitgehend unbeeindruckt gezeigt von den Bildern der Geflohenen, der Vergewaltigten, der Verhungerten, der Toten. Nach vielen Appellen debattiert der Sicherheitsrat nun immerhin konkret über Sudan. Und droht.

Doch womit? Erst einmal mit Sanktionen gegen die arabischen Reitermilizen Dschandschawid. Mit denen aber macht die sudanesische Regierung gemeinsame Sache. Die hat zwar versprochen, die Dschandschawid zu entwaffnen, doch sind diese Versprechen nicht viel wert.

Schon vor einiger Zeit hat Präsident Omar al Baschir – damals als Reaktion auf eine frühere Drohung in Richtung Khartum – zugesagt, dass Hilfslieferungen für die Flüchtlinge nicht mehr behindert würden. Für die Menschen hat sich dennoch kaum etwas geändert.

Mehr als eine Million Schwarze sind auf der Flucht, systematisch vertrieben. In vielen Flüchtlingslagern hungern die Menschen weiter. Frauen, die versuchen, außerhalb etwas zu essen zu finden, berichten von Vergewaltigungen. Anschließend werden sie von ihren Peinigern mit den Worten zurückgeschickt, sie sollten dort verhungern. Zehntausende Menschen sind bereits tot.

Ihre Dörfer sind verwüstet, ihre Hütten zerstört und ihre Getreidespeicher ausgebrannt. Wie sollen Menschen dort überleben, wenn jegliche Grundlage dafür fehlt? Was bringt da die Ankündigung einer offenkundig den eigenen Bürgern feindlich gesinnten Regierung, die Flüchtlinge sollten wiederkommen, sie bekämen eine Startausstattung? Sie klingt nach einem Lockruf in den Tod.

Das Vorgehen der Regierung in Khartum trägt alle Züge eines Völkermords. Systematisch geht sie gegen die Menschen im Westen des Landes vor. Dieses Wort möchte man in New York nicht in den Mund nehmen – denn dann wäre die internationale Gemeinschaft zum Handeln gezwungen.

Einmal mehr ist die Reputation der Weltorganisation bedroht. Sie muss jetzt auch der Regierung deutlich machen, dass es nicht bei Drohgebärden bleibt. Wenn Khartum seine Zusagen wieder nicht einhält, dann muss sofort ein Waffen- und Ölembargo gegen das Land in Kraft treten. Ganz klar muss werden: Die Regierung ist für die humanitäre Katastrophe verantwortlich.

Sicher ist es gut, dass US-Außenminister Colin Powell und UN-Generalsekretär Kofi Annan in Sudan waren, dass Außenminister Joschka Fischer dorthin reisen will, dass der britische Premier Tony Blair sich zu Wort meldet. Die Regierung dort muss merken, dass die Welt nicht mehr wegschaut. Dafür reichen sporadische Reisen aber nicht aus. Die Verantwortlichen müssen unter ständigem Druck bleiben, ihre Zusagen einzuhalten. Und die UN müssen ständige Beobachter in Sudan haben. Sonst werden sie wieder betrogen.

Da ist der Beschluss der Afrikanischen Union, eine kleine Truppe zu schicken, zu begrüßen. Als Signal. 300 bewaffnete Afrikaner allein werden aber nicht reichen, zumal sie auf die Zustimmung aus Khartum warten. Wenn es die UN ernst meinen, müssen sie diese Truppe flankieren. Als Beweis. Und zwar durch eine internationale Untersuchungskommission, die dann auch ein Signal an andere ist: Vertreibung und Mord werden nicht hingenommen. Nur so wird halbwegs glaubhaft, dass sich auch die Welt jenseits von Afrika für Sudan interessiert.

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