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Islamunterricht in der Schule: Die religiöse Erziehung austrocknen?

© dpa

Religionsunterricht in Berlin: Die Kirche ist blank - die SPD knausert

Der Religionsunterricht in Berlin wird vom Senat finanziell ausgetrocknet - auch die Koalitionsvereinbarungen zum Doppelhaushalt machen erneut einen Bogen um das Thema. Scheitert die Berliner SPD nur am Partner CDU - oder ist sie religionsfeindlich?

„Ethik und Religion – wir wollen beides“, wie Hohn muss dieser Slogan, mit dem die SPD 2009 in die politische Auseinandersetzung um den Religionsunterricht gezogen ist, in den Ohren der Kirchen angesichts der gegenwärtigen Haushaltsberatungen im Abgeordnetenhaus  klingen. Wir erinnern uns: Anders als in den anderen Bundesländern ist in Berlin Religion kein ordentliches Lehrfach an den öffentlichen Schulen, alle Kinder müssen allerdings in der Sekundarstufe I am Ethikunterricht teilnehmen. Die Initiative ProReli wollte mit Unterstützung der Kirchen, der jüdischen Gemeinde und muslimischer Verbände durch ein Volksbegehren eine ähnliche Rechtslage schaffen wie im Rest des Landes. Beim Volksentscheid stimmten allerdings nicht genügend Berliner dem Vorschlag zu.

Also sollte alles beim Alten bleiben: Ethikunterricht für alle, Religionsunterricht in Verantwortung der Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften, aber weitgehend refinanziert vom Staat. Zunehmend erweist sich das jedoch als Theorie. Die Refinanzierung erfolgt nämlich auf der Grundlage der Personalkosten von 2002. Seither hat der Senat jede Forderung nach einer Anpassung an die gestiegenen Personalkosten schroff zurückgewiesen. Insgesamt führt dies bei den Anbietern zu einer Unterdeckung von über 17 Millionen Euro pro Jahr – mit steigender Tendenz. Jede Hoffnung auf kurzfristige Besserung wurde von der Berliner Koalition zunichte gemacht. In der Koalitionsvereinbarung über den neuen Doppelhaushalt ist wieder keine Anpassung des Refinanzierungsbetrages vorgesehen, nur der Absicht Ausdruck verliehen, darüber in den nächsten zwei Jahren zu verhandeln.

Die SPD schafft keine Mehrheit für die Finanzierung: Ist sie kirchenfeindlich?

Die Kirchen haben das Ergebnis des Volksentscheids von 2009 akzeptiert, die in Berlin immer noch den Ton angebende SPD nicht. Alle Beteiligten haben damals die Bedeutung des Religionsunterrichts betont und wollten ihn erhalten, auch die Sozialdemokraten. Nur wollte die SPD eben keine Wahlmöglichkeit, sondern „beides“, Ethik und Religion. Heute trocknet sie den Religionsunterricht finanziell aus und wird damit wortbrüchig. Der Koalitionspartner von der CDU konnte sich (erneut) bei dem Thema nicht durchsetzen, und das, obwohl man auch aus den Reihen der Grünen durchaus Verständnis für die Position der Kirchen vernehmen konnte.

Betrogen müssen sich diejenigen fühlen, die damals den Beteuerungen der SPD Glauben geschenkt haben und wollten, dass beides unterrichtet wird, Ethik und Religion. Die Motive der Mehrheit in der Berliner SPD sind nicht nachvollziehbar. Sind es dann doch wieder die in der Berliner SPD immer noch weit verbreiteten kirchenfeindlichen Reflexe? Dann würde sich die Entscheidung einreihen in die mit Unterstützung der SPD zustande gekommenen Beschlüsse der Bezirksverordnetenversammlung  Friedrichshain-Kreuzberg, Straßenfeste der Glaubensgemeinschaften einzuschränken und Bürgermedaillen nicht mehr an Menschen wegen ihres Engagements in Glaubensgemeinschaften zu verleihen.

Eines steht jedoch jetzt schon fest: Leiden werden am Ende vor allem die rund 150.000 Berliner Schülerinnen und Schüler, die am Religions- oder Weltanschauungsunterricht teilnehmen. Die katholische Kirche hat bereits angekündigt, dass sie schon jenseits ihrer finanziellen Möglichkeiten ist und das Angebot deutlich einschränken muss. Die evangelische Kirche steht nur unwesentlich besser dar, der Humanistische Verband als Anbieter des agnostisch-atheistischen Lebenskundeunterrichts hat seine Finanzierungsvereinbarung mit dem Senat bereits vor geraumer Zeit gekündigt.

Christoph Lehmann

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