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Verteilt zu Beginn des neuen Jahres Schelte: Horst Seehofer.

© dapd

Rente mit 67: Horst Seehofer, der Panikmacher

Horst Seehofer mobilisiert gegen die Rente mit 67 – das ist unverantwortlich, meint Cordula Eubel. Denn wer die Reform grundsätzlich in Frage stellt, sollte auch sagen, welches die Alternativen sind.

Pünktlich zum Start der Rente mit 67 versetzt CSU-Chef Horst Seehofer die Menschen in Alarmstimmung. Mit ihm sei eine „massenhafte Rentenkürzung“ nicht zu machen, tönt der bayerische Ministerpräsident zum Jahresbeginn. Seehofer mahnt eine „breite öffentliche Debatte“ über die Reform an, die 2007 auch mit den Stimmen der CSU-Parlamentarier im Bundestag beschlossen wurde. Seine Panikmache ist unverantwortlich.

Seit gerade mal drei Tagen ist das Gesetz in Kraft, mit der das gesetzliche Rentenalter von 65 auf 67 Jahre angehoben werden soll. Was Seehofer nicht erwähnt: Es ist eine Reform, die sich so viel Zeit lässt wie selten in der Sozialpolitik. In diesem Jahr wird die Altersgrenze, ab der Arbeitnehmer ohne Abschläge in den Ruhestand gehen können, um einen Monat angehoben. Erst 2029 wird für die heute 48-Jährigen das Renteneintrittsalter von 67 Jahren gelten.

Wenn sich die Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer in Deutschland nicht spürbar verbessern, werde die Verlängerung der Lebensarbeitszeit zur faktischen Rentenkürzung, argumentiert Seehofer. Was der CSU-Vorsitzende aber verschweigt: In den vergangenen Jahren haben sich die Chancen für Ältere tatsächlich deutlich verbessert. Sie werden seltener vorzeitig aus dem Berufsleben gedrängt. Das liegt auch daran, dass die Politik die Programme zur Frühverrentung zurückgefahren hat. Auch wenn im Moment der Anteil der Älteren, die bis zum gesetzlichen Rentenalter durchhalten, immer noch zu gering ist, so ist der Trend der letzten Jahre doch eindeutig positiv.

Die demographische Entwicklung wird außerdem auch die Betriebe, die bisher vor allem auf Jüngere gesetzt haben, dazu zwingen, sich wieder stärker auf die Qualitäten ihrer älteren Mitarbeiter zu besinnen. Denn in den nächsten 20 Jahren werden die geburtenstarken Jahrgänge in Deutschland in Rente gehen, während nur wenige jüngere Fachkräfte nachrücken. Die Unternehmen werden sich also zwangsläufig Gedanken machen müssen, wie sie ihre älteren Belegschaften fit halten.

Worüber Seehofer ebenfalls kein Wort verliert, sind die Alternativen zur Rente mit 67: Wer die Reform grundsätzlich in Frage stellt, sollte auch sagen, ob er stattdessen Renten kürzen, in den nächsten Jahren die Beiträge für die Jüngeren deutlich anheben oder ganz neue Finanzquellen für die Rentenversicherung auftun will.

Wenn die Politik die Menschen von der Notwendigkeit der Rente mit 67 überzeugen will, muss sie allerdings auch deren Sorgen ernst nehmen. Noch hat die Bundesregierung kein überzeugendes Konzept vorgelegt, wie sie in Zukunft Altersarmut verhindern will. Niedriglöhne, gebrochene Erwerbsbiographien und neue Formen von Selbstständigkeit ohne ausreichende Absicherung für das Alter werden dazu führen, dass deutlich mehr Menschen als bislang im Rentenalter Armut droht. Wenn die Politik jetzt nicht entschieden dagegen kämpft, wird sie es umso schwerer haben, die Rente mit 67 populär zu machen.

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