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Meinung: Respekt, Alter!

Ballack gegen Löw: Die Kritik des Kapitäns am Trainer ist in vielen Punkten richtig

Das ZDF hat Elke Heidenreich rausgeworfen. Warum soll da Joachim Löw nicht auch Michael Ballack rauswerfen können? Ein Bundestrainer muss sich vom Kapitän der Fußball-Nationalmannschaft nicht ungestraft öffentlich zurechtweisen lassen. Wo bliebe sonst seine Autorität? Welcher Spieler hätte dann noch Respekt vor ihm?

Respekt. Darum geht es im Streit, der den deutschen Fußball bewegt – behaupten jedenfalls alle Beteiligten. Der Bundestrainer verlangt Respekt vor seiner Autorität. Er ist Herr über die Mannschaft. Seine Entscheidungen haben alle Spieler zu akzeptieren, auch der Capitano. Eine Nationalmannschaft ist schließlich keine Demokratiegruppe, sondern eine Leistungszelle, in der Entscheidungen dem sogenannten Trainerstab obliegen – einer Art sportlichem Zentralkomitee. Dumm nur, dass Löw sagt, die Spieler müssten sich seiner Linie unterwerfen. Das klingt doch arg nach Diktatur. Und hat nicht auch der Bundestrainer Fehler im Umgang gemacht?

Eine Generation junger Spieler fordert einen ganz anderen Respekt ein: Sie verlangt mehr Platz für sich. Spieler wie Lukas Podolski drängt es schnell nach vorn, sie haben schon genug Geld und Glanz verdient, ohne den Älteren jahrelang die Trikots hinterhergetragen zu haben. Respekt soll man da bekommen, er speist sich aus eigener Respektlosigkeit.

Frech kommt weiter – ob sich Ballack ausgerechnet ein Beispiel an den Jüngeren genommen hat, die ihm und seinen altgedienten Kumpels nun auf den Pelz rücken? Ihm, dem Kapitän, geht es auch um Anerkennung. Ebenso dem beleidigten Torsten Frings. Ebenso dem geflüchteten Kevin Kuranyi. Lautstark verlangen sie die gebührende Würdigung ihrer fußballerischen Lebensleistung. Der erste Denkfehler dabei ist: Einem Fußballer Respekt entgegenzubringen, heißt nicht, dass er einen Stammplatz sicher hat. Der zweite: Lebensleistungen im Fußball werden erst nach dem Karriereende gewürdigt. Bis dahin bleibt der Mannschaftssport ein Wettbewerb, den man auch intern verlieren kann, wie Jens Lehmann gerade erfahren hat. Der will jetzt wenigstens ein verkapptes Abschiedsspiel in einem Monat in Berlin gegen England – weil Oliver Kahn ja auch eins bekommen hat. So wird Respekt gegenseitig aufgerechnet.

Michael Ballack hat einen Machtkampf im deutschen Fußball entfacht, der in Teilen ein Richtungskampf, vor allem aber ein Verteilungskampf ist – eine öffentliche Verteidigung der eigenen Unantastbarkeit, eine Abwehr neuer Ansprüche. Diesen Machtkampf führt er jedoch mit dem falsches Vokabular. Dabei gerät in den Hintergrund, dass viele seiner Kritikpunkte richtig sind. Denn Respekt – daran mangelt es in der Tat in der Nationalmannschaft.

Der Trainerstab des DFB hat seine Entscheidungen zuletzt nicht immer klug gemanagt. Timo Hildebrand musste vom Torwarttrainer telefonisch erfahren, dass er nicht zur EM fährt. Marko Marin wurde vorläufig nominiert und dann doch nicht mitgenommen. Ballack will aus der Presse erfahren haben, dass nach der EM ein neuer Konkurrenzkampf herrscht. Kevin Kuranyi und Torsten Frings wissen sich offenbar nicht anders zu helfen, als zu flüchten oder damit zu drohen. Ein gutes Kommunikationsklima scheint nicht zu herrschen. Dabei wäre genau das Respekt: aus eigener Souveränität heraus andere nicht herablassend zu behandeln.

Nicht wahr, Frau Heidenreich?

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